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Überfordert

Ich bin überfordert. Ich weiß langsam nicht mehr, was ich als erstes kritisieren soll auf diesem Planeten.

Da werden die Olympischen Spiele in einem Land veranstaltet, in dem das öffentliche Bekenntnis zur Homosexualität als Propaganda ausgelegt und strafrechtlich verfolgt werden kann – und das IOC tut gar nichts dagegen, sondern weist die Athleten darauf hin, dass die Regel 50 einen Protest gegen dieses Gesetz verbiete. De Regel 50 dient natürlich nur dem Schutz der Athleten.

Da planen die Briten und Amerikaner ein militärisches Eingreifen in Syrien. Denn natürlich ist es viel schlimmer, wenn dort Unbeteiligte im Bürgerkrieg mit Giftgas umgebracht werden als durch konventionelle Waffen in den letzten 29 Monaten…

Neben allem gibt es dann noch die NSA, die fleißig alles abhört, was nicht ohne Telekommunikation in der Wildnis lebt. Also: die eigenen Bürger (natürlich nur aus Versehen), EU-Büros in Brüssel, die Vereinten Nationen – und natürlich unzählige Privatbürger auf dem gesamten Planeten. Achja, die Briten halten dann ganz nebenbei den Partner eines an der Enthüllung beteiligten Journalisten für fast 9 Stunden am Flughafen fest auf Grundlage eines ihrer Antiterrorgesetze. Und die deutsche Bundesregierung…tut nichts, außer parlamentarische Anfragen nur rudimentär zu beantworten

Hab ich was vergessen? Achja, Bundestagswahl ist auch bald. Chancen auf einen Kanzlerwechsel?1 Gleich null. Klasse.

Irgendwie habe ich so gar keine Lust mehr.


  1. Oder heißt das jetzt Kanzlerinwechsel? 

Der alltägliche Sexismus

Momentan ist die Debatte über den alltäglichen Sexismus in Deutschland ja noch im Gange.

Gestern, am Internationalen Frauentag, spielte der 1. FC Magdeburg beim VFC Plauen. Nach einer deutlichen Führung zur Halbzeit endete das Spiel nur 3 zu 3, nach Berichten von Anwesenden mitverursacht von der Schiedsrichterin.1 Das führte dazu, dass der offizielle Twitteraccount des 1. FC Magdeburg folgenden Tweet absetzte:
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Das ist schlicht sexistisch.2 Ich selbst bin kein großer Freund der Genderdebatte, da ich sie zwar für wichtig, in Teilen aber für sehr angestrengt geführt halte. Warum ist eine solche Aussage nun sexistisch?

Machen wir ein Gedankenexperiment. Die Partie gegen Plauen wurde darin nicht von einer Schiedsrichterin, sondern von einem Schiedsrichter geleitet. Der Mann erlaubt sich haarsträubende Fehler. Was würde in der Konsequenz gefordert? Die Forderung würde allerhöchstens doch lauten, dass dieser Schiedsrichter, also dieses Individuum, keine Spiele mehr pfeifen soll. Es würde also eine individuelle, auf die Leistung bezogene Forderung aufgemacht. Niemand würde daraus schließen, „dass Männer nichts…auf dem Fußballplatz zu suchen“ haben.
Ganz anders in diesem Fall, in dem über die schlechte Leistung der Schiedsrichterin, eines Individuums also, und deren Geschlecht der Bogen gespannt wird, um letztlich zu behaupten, die schlechte Leistung eines weiblichen Individuums belege, dass alle weiblichen Individuen schlechte Leistungen erbringen und somit aus dieser Rolle ausgeschlossen werden müssen.

Mir ist bewusst, dass da steht „am Frauentag“, aber ich weiß nicht, inwiefern es das besser oder schlimmer macht. Heißt das nun, dass die Frauen nur am Frauentag nichts auf dem Platz zu suchen haben, und wenn ja, warum sollte das Datum da eine Rolle spielen? Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das so zutiefst unangebracht ist – und ich weiß auch nicht, wie eine Schiedsrichterin reagieren würde, wenn man ihr diesen Satz ins Gesicht sagt.
Der in der Volksstimme zitierte Satz von Trainer Petersen „Ich mag Frauen, aber sie haben im Männersport nichts zu suchen und sollen in ihrem Metier bleiben.“ ist nur unwesentlich besser, aber ich unterstelle mal, dass er mit „ihrem Metier“ den Frauenfußball meint, bevor ich mich noch weiter aufrege.

Man kann sicher den Frust über die verlorenen zwei Punkte als Ursache heranziehen, allerdings demonstriert das auch nur, dass es sich hier um eine quasi unterbewusste Form von Sexismus handelt, die eben alltäglich vorhanden ist. Zumeist wird sie gar nicht als Sexismus wahrgenommen, ist es im Kern aber eben doch.

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Sorry, aber Ironie kann ich da nicht erkennen. Es sei denn natürlich, man findet es ironisch, dass am Frauentag eine solche Forderung erhoben wird.

Update: Der Trainer des 1. FC Magdeburg hat sich entschuldigt. Siehe Pressemitteilung. Der Tweet steht allerdings immer noch.


  1. Ich war nicht da, aber das spielt keine Rolle. 

  2. Das heißt nicht, dass da hinter diesem Account Sexisten sitzen, sondern bewertet lediglich den Inhalt der Aussage. Es geht um das, was sie getan haben, nicht um das, was sie sind. Letzteres kann ich nicht beurteilen. 

Des Cynics Wörterbuch, Teil XIV

Nach langer Zeit mal wieder ein Eintrag im Wörterbuch. Passt auch in die Kategorie Fußballerisches, aber naja. Heute:

Derby, das. Nomen, neutrum. Fußballspiel zwischen zwei Mannschaften, die zueinander in besonderer Beziehung stehen.

Was ist nun diese besondere Beziehung? Glaubt man dem Mitteldeutschen Rundfunk, so reicht es vollkommen aus, wenn die betroffenen Vereine aus dem Gebiet der neuen Bundesländer kommen. Das ist mir aber zu einfach und zu billig und hat mit dem Derbybegriff der meisten mir bekannten Fußballanhänger nichts zu tun. Ähnliche Verwässerungen stellen Bildungen wie „Nord-Süd-Derby“ für die Paarung HSV-Bayern dar. Nun verändern sich Wortbedeutungen und Wortgebräuche ja gern mal, allerdings muss man das nicht gut finden – und gerade im Fall des Worts Derby empfinde ich das als störend, da durch die Aufweichung des Begriffs Derby quasi jede Partie als Derby bezeichnet werden könnte, was wohl kaum sinnvoll ist.

Was aber ist nun ein Derby? Im klassischen Sinn bezeichnet das Wort das Aufeinandertreffen zweier rivalisierender Mannschaften aus derselben Region, genauer aus derselben Stadt. So gilt die Paarung Nottingham Forest gegen Notts County als ältestes Derby im Bereich der Mannschaftssportart Fußball. Im erweiterten Sinn bezieht sich der Begriff dann auf Mannschaften aus einer Region. Beispiele für die engste Auslegung wäre die Paarung HSV-St. Pauli, für die erweiterte Nürnberg-Fürth oder Schalke-Dortmund. Die heute übliche notwendige Rivalität muss übrigens auch nicht schon immer bestanden haben, noch muss sie ewig währen.

Es gibt bestimmte Paarungen, die rein geographisch durchaus als Derby gelten könnten, bei denen aber kein richtiges Derbyverhältnis zustande kommt. Da wären zum Beispiel Paarungen mit Beteiligung von Bayer Leverkusen oder dem VfL Wolfsburg. Beide kann man fantechnisch eigentlich nicht ernst nehmen. Genau so wird es auch kein Leipziger Derby geben, so lange der 1. FC Lok nicht auf die BSG Chemie Leipzig trifft, da es in Leipzig schlicht keinen anderen Verein gibt. Man könnte sagen, diese Clubs1 sind schlicht nicht satisfaktionsfähig. Dies trifft aus anderen Gründen im Zusammenhang mit dem 1. FC Magdeburg nach meiner bescheidenen Meinung auch auf Germania Halberstadt und Preussen Magdeburg zu, die beide bisher nicht damit aufgefallen sind, dem FCM ernsthaft Konkurrenz machen zu wollen – auch wenn Halberstadt mittlerweile in derselben Spielklasse spielt.

Für den 1. FC Magdeburg gibt es daher nur drei Derbys. Dabei sind zwei in ihrer Bedeutung mittlerweile jedoch so gefallen, dass sie, sollte die Paarung morgen stattfinden, kaum noch als Derby zu erkennen wären.
Es handelt sich dabei zunächst um die Partie gegen den FSV Lok Stendal. Den Verein gibt es nicht mehr, sein Nachfolgeclub ist der 1. FC Lok Stendal. Insbesondere in den 1990ern war die Rivalität mit der früheren BSG aus der Altmark recht groß, die Spiele gegen Stendal fanden vor rund 10.000 Zuschauern statt – zu einer Zeit als der Zuschauerschnitt pro Spiel unter 2.500 lag. Die Rivalität war so groß, dass Magdeburger Fans das Benefiz-Gastspiel ihres Vereins zur Rettung der finanziell angeschlagenen Stendaler weitgehend boykottierten.
Dann gibt es noch die Partien gegen Fortuna Magdeburg. Auch die Fortuna ist mittlerweile wieder in den unteren Regionen verschwunden und spielt nur noch gegen die Zweite des 1. FCM. Mitte der 1990er wechselten einige frühere Clubspieler zur Fortuna, die mit dem erklärten Ziel antrat, den FCM als Nummer eins in Magdeburg abzulösen. Auch hier waren die Partien mit rund zehntausend Zuschauern gut besucht, auch weil die Fortuna auf ihr Heimrecht verzichtete und so beide Partien gegen den Club im Grube-Stadion stattfanden. Die Geschichte hätte auch anders ausgehen können, wäre nicht er FCM mit einem Punkt Vorsprung Erster in der Oberliga geworden, sondern die Fortuna, die aber eben nur Dritter wurde und auch im folgenden Jahr den Aufstieg um zwei Punkte verpasste. So aber ging dem Stadtrivalen das Geld aus und pünktlich zur Fertigstellung des sanierten Stadions musste der Verein sich von höheren Ambitionen verabschieden.
So bleibt nur noch ein Derby mit aktuellem Charakter, das gegen die Mannschaft aus der seit einigen Tagen nicht mehr größten Stadt Sachsen-Anhalts an der Saale. Die spielen momentan zwar eine Liga höher, sind allerdings nach wie vor in der Fansicht des Magdeburgers nur die Nummer zwei im Land. Klar, liegen doch die Hallenser in der Trophäenzahl klar hinter den Magdeburgern und auch mit Blick auf die Fanbasis fühlt sich der Magdeburger klar überlegen. Hier ist die geographische Entfernung schon am oberen Ende, die Rivalität allerdings auch sehr stark, so dass die Bezeichnung Derby gerechtfertigt ist.

Das Duell gegen die SG Dynamo Dresden dagegen ist kein Derby. Dazu ist die geographische Distanz zwischen beiden Vereinen schlicht zu groß. Zweifelsohne ist diese Paarung aber ein Traditionsduell, bei dem ein Sieg wichtiger ist als bei manch anderem Spiel, insofern ist die Konfusion auf Seiten mancher Berichterstatter sicher verständlich.

Wir halten fest. Ein Derby ist ein Duell zweier geographisch nahe beieinander situierten Fußballmannschaften, bei denen es auch eine Rivalität gibt. Nur wenn beide Bedingungen erfüllt sind, kann man von einem Derby sprechen, sonst muss man sich ein anderes Wort suchen.


  1. Die beiden genannten und die nicht genannten Österreicher. 

Die Sache mit der Redewendung

Am vergangenen Sonntag hat Sachsen-Anhalt einen neuen Landtag gewählt. Erst am vergangenen Mittwoch fiel mir eine Werbepostkarte eines der Kandidaten in die Hände, zu der ich – auch wenn die Wahl vorbei und der Kandidat in den Landtag eingezogen ist – noch eine Anmerkung (oder zwei) machen möchte. Das Bild der Karte gibt’s nach dem Sprung. Weiterlesen

Auf halbem Weg stehen geblieben

Ja, ich hab gesagt, das Blog ruht erstmal. Aber die Volksstimme hat’s geschafft, dass ich meine Stille erstmal unterbreche. Heute berichtet die Volksstimme über die Übergabe des Fördermittelbescheids für den Stadionneubau in jedes Magdeburgers Lieblingsstadt Halle. Dabei sind gewisse Ansätze von kritischem Journalismus zu erkennen. Aber leider sind die beiden Autoren auf halbem Wege stehen geblieben.

Das Finanzierungsmodell in Halle sieht folgendermaßen aus: Das Land gibt 6 Millionen Euro Fördermittel, die restlichen 11,5 Millionen will die Stadt Halle aufbringen. Ich will jetzt gar nicht auf die Tatsache eingehen, dass der Stadionbau in Magdeburg nur Förderungen der Nebenanlagen erhalten hat – und die wohl auch nur aus bereits bestehenden Förderprogrammen (z.B. aus einem Förderprogramm zur Anlage von Kunstrasenplätzen, oder der Neubau einer Mehrzweckhalle – die ja mal gleich gar nichts mit dem Stadionneubau zu tun hat, mit der Ausnahme des Standorts), während in Halle direkt der Bau des Stadions gefördert wird. Ich will auch nicht darauf herumreiten, dass Magdeburg nur 3,75 Millionen von ursprünglich zugesagten fünf Millionen erhalten hat. Worauf ich aber hinaus will, ist: Warum übergibt das Land jetzt den Bewilligungsbescheid? Ursprünglich war aus dem zuständigen Ministerium zu hören, die Stadt Halle solle erst mal ihre 11,5 Millionen absichern, bevor das Land mit dem Scheck vorbeikommt.
Diese 11,5 Millionen will die Stadt Halle aus Grundstücksverkäufen erlösen. Nun ist natürlich eine solche Finanzierung grundsätzlich immer möglich und, wenn man sich die relativ großen Flächen, über die ostdeutsche Gemeinden verfügen, vor Augen hält, ein gangbarer Weg. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass wir in einer Rezession leben, in der auch der Grundstücksmarkt – zumindest in den oberen Größenordnungen – nicht so lebendig ist. So bleibt die Frage, wer diese Grundstücke erwerben soll, eine nach wie vor unbeantwortete – böse Zungen behaupten gar, das Land solle da als Käufer auftreten.

Merkwürdig bleibt die unterschiedliche Behandlung der Stadionbauprojekte beider Städte allemal.

Ewigkeit und Genauigkeit

Die Volksstimme berichtet heute, dass sich nach den Olympischen Winterspielen von Vancouver natürlich auch der Ewige Medaillenspiegel verändert hat. Neue Rangordnung laut Volksstimme: 1. Deutschland, 2. UdSSR/Rußl.

Liebe Freunde bei der Volksstimme. Es ist richtig, dass Rußland laut IOC Nachfolger der UdSSR ist und so deren Erfolge „erbt“. Aber wäre es nicht möglicherweise sinnvoll, zu erwähnen, dass Deutschland aus den Erfolgen aller deutschen Mannschaften besteht? (Andere machen das entweder so (ARD) oder so (Bild). Eine ganz verrückte Variante gibt’s beim Spiegel)) Also der Gesamtdeutschen Olympiamannschaften, der DDR und der BRD, wie hier in der Wikipedia schön aufgeschlüsselt? Mal davon abgesehen, dass zu Rußland auch das Vereinte Team (EUN) von Albertville 1992 gehört, als die GUS gemeinsam antraten.

Zur generellen Sinnhaftigkeit einer Tabelle, die einerseits ein aktuelles Land die Erfolge zweier Länder erben lässt und andererseits einem aktuellen Land, das lediglich einen Teil seines Vorgängers umfasst, alle Erfolge des Vorgängers zuspricht, muss wohl jeder eigene Überlegungen anstellen. Aber eigentlich gilt bei Olympia ja angeblich Mittendrin, statt nur dabei Dabei sein ist alles, insofern sollte diese Tabelle ja auch untergeordnete Priorität besitzen.

Des Cynics Wörterbuch, Teil XII

Heute geht das Wörterbuch weiter mit einem Fachbegriff aus der englischen Sprache.
Weauxfing – Substantivierung. Weauxfing bezeichnet den Umstad, dass in jedem sportlichen Wettbewerb das Team, das am meisten von seinen Fans gehypt wird, unweigerlich eine Niederlage einstecken muss.

Gegenteil von Weauxfing ist das Anti-Weauxfing, das die Technik bezeichnet, die Chancen des eigenen Teams kleinzureden, in der Hoffnung, die Weauxfing-Götter zu beeinflussen. Diese Technik funktioniert jedoch nicht in jedem Fall.

Neben dem Weauxfing durch Fans scheint es allerdings auch einen Effekt beim Hypen durch Medien zu geben. Siehe die gefühlten 543 Artikel über Peyton Manning, den perfektesten Quarterback aller Zeiten, und die anschließende Niederlage durch Manning-Fehler im gestrigen Superbowl.

Weitere Informationen gibt es im The Oliver Woofing Theorem FAQ.