Heute war ich auf einer Vollversammlung. Also eigentlich. Zum Glück kamen nicht alle 3.000 Studenten der Fakultät, so dass man im Raum noch einen Sitzplatz bekam. Gut, atmen konnte man nach ’ner Stunde so auch nicht mehr, aber Opfer müssen gebracht werden, es geht schließlich um…
Ja, worum geht es eigentlich? Kurz zur Situation. Also, der Bolognaprozess führt zur Abschaffung der traditionellen Studiengänge Diplom und Magister. Und da das Land Sachsen-Anhalt in seiner unendlichen Weisheit beschlossen hat, die Gymnasiallehrerausbildung nur noch in der verbotenen Stadt durchzuführen, wurde auch dieser Studiengang in Magdeburg abgeschafft und läuft aus. Das alles in Zusammenarbeit mit Einsparungsmaßnahmen führt zu einer gewaltigen Umstrukturierung an der Fakultät, die sich nun auf die Ausbildung von lustigen Menschen mit dem Abschluss „Bachelor of Arts“ konzentriert.
Blöd nur, dass es da noch den ein oder anderen Studenten gibt, der tatsächlich die Frechheit besitzt, sein Lehramtsstudium (oder Magisterstudium) noch zu Ende führen zu wollen…
Durch Personalmangel kommt es dann mitunter zu Engpässen, Veranstaltungen werden nicht angeboten oder sind für zu wenige Studenten geöffnet – oder für Magister/Lehrämter gleich gar nicht zugänglich. Und daaaaann…dann formt sich eine soziale Bewegung (also zumindest hab ich das heute abend öfter gehört, ich studier sowas ja nich…was’n das?), und die macht erstmal eins. Viel Lärm. Da wird dann zu einer Briefaktion aufgerufen, man möge doch bitte dem Herrn Rektor einen Brief schreiben – is klar, der Mann hat ja nix wichtiges zu tun und freut sich über Dutzende Briefchen, die bei ihm eintrudeln, natürlich schön häppchenweise. Dann kommt der Rektor in die Fakultät, wo er kurz die Lage erläutert – fassen wir kurz zusammen, es gibt äußere Zwänge und manches is eben so.
Nun ist man natürlich damit nicht zufrieden, und wenn der Deutsche nicht mehr weiter weiß, gründet er ’nen Arbeitskreis. In diesem Fall gilt: Er versucht es. Kennt jemand diese Videos von Studenten aus den 60er Jahren, die in irgendwelchen Hörsälen saßen und diskutierten? Ungefähr so war das heute auch, nur in Farbe statt schwarzweiß, mit nem kabellosen Mikro und dem Uniradio statt mit irgendwelchem nationalen Fernsehen. Naja, der Arbeitskreis hat ja noch nicht angefangen.
Zunächst einmal wurde das Konzept vorgestellt, das heißt nein, eigentlich wurden die Forderungen vorgestellt. Sie lassen sich gut auf einen Nenner bringen: Man fordert Mehr. Mehr Dozenten, mehr Veranstaltungen, mehr Betreuung, mehr mehr!
Dass muss ja auch finanziert werden, wird jetzt vielleicht der ein oder andere einwerfen. Stimmt. Hab ich auch gedacht. Aber das ist zu kurz gedacht. Einer der Anwesenden gab dem Arbeitskreis dann auch mit auf den Weg, Forderungen möglichst konkret zu formulieren.
Da kam allerdings ein Gegenargument, das mir die Augen öffnete: Je konkreter die Forderungen, desto wahrscheinlicher ist ihre Erfüllung – und dann wäre die Protestbewegung am Ende. Verflixt.
Aber um ein jähes Ende der Protestbewegung zu verhindern, haben wir ja jetzt den Arbeitskreis.
Kleiner Nachsatz: Ja, die Studienbedingungen an der FGSE sind schlecht im Augenblick, und ja, dagegen muss etwas getan werden. Aber wer in seinem Aktionismus nicht in der Lage ist, bestehende Strukturen, wie den fasra oder den Fakultätsrat, einzubinden, wer sich dann mit der Feststellung man habe nicht erfahren können, wer da wofür zuständig ist, entschuldigt, dem gehört mindestens gründlich der Kopf gewaschen. (Es hilft übrigens auch nichts, engagierte Studenten als „unscheinbar“ zu bezeichnen…)
Aktion und Protest müssen organisiert sein, eine starre Haltung mit nicht erfüllbaren und somit unkonstruktiven Forderungen bringen da gar nichts. Fortschritte des Arbeitskreises sollen übrigens hier zu verfolgen sein. Schaumermal.
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