Heute mal ein Eintrag mit Fußball-Bezug. Die Berliner Zeitung veröffentlichte heute einen Artikel, der sich mit dem 1. FC Magdeburg befasste. Leider waren aus meiner Sicht einige Schnitzer im Artikel, so dass ich mich motiviert sah, einen Leserbrief zu verfassen. Und da ich ja eh grad nix zum Bloggen habe, kommt der jetzt hier einfach unten dran.
Sehr geehrter Herr Henkel,
normalerweise freue ich mich stets darüber, einen Artikel über den 1. FC Magdeburg in einem Medium zu finden, das nicht aus Sachsen-Anhalt kommt. Leider wird diese Freude im Fall Ihres Artikels „Zerwürfnis aus Stein“ vom 31. Juli durch einige grobe Schnitzer getrübt.
Das fängt schon damit an, dass der FCM nicht „seit wenigen Tagen“ die Lebenszeitmitgliedschaft anbietet, sondern bereits seit 2006. Dass das für den Käufer ein günstiges Angebot ist, steht außer Frage, aber von Verzweiflung würde ich in dem Zusammenhang nicht sprechen – schließlich sind die Preise doch recht hoch, so dass sich dieses Instrument kaum als Rettung eines darbenden Vereins anbietet.
Was der Artikel richtig erfasst hat, ist die Tatsache, dass die anhaltende Strukturschwäche in Magdeburg und Umgebung auf Dauer ein Problem darstellt. Der größte Industriearbeitgeber in der Region Magdeburg ist nach wie vor Enercon, ein Windenergieanlagenhersteller mit Stammsitz in Aurich, ein Unternehmen, das an Sportförderung so sehr interessiert ist, wie die Grünen an Atomenergieförderung.
Aber weiter: Dass das Stadion mit Aussicht auf Bundesligaspiele gebaut wurde, ist sicherlich richtig, dennoch ist zum Zeitpunkt des Baubeginns kaum jemand von sofortigen Erfolgen ausgegangen. Magdeburg spielte 2004 in der Oberliga Süd, als der Abriss der alten Heimstätte begann. Dass dann gleich in der ersten Saison im neuen Stadion die Möglichkeit eines Aufstiegs in den Profifußball bestand, war absolut unerwartet und nicht nur teils überdurchschnittlichen Leistungen der Mannschaft, sondern eben auch der Schwäche der Konkurrenz geschuldet.
Zur Geschichte nach 1990 muss ich auch noch einige Sätze verlieren. Sie sprechen von „verpassten Aufstiege[n]“ 1991. Zunächst mal ist ein Gang aus der höchsten Spielklasse er DDR in die zweithöchste Gesamtdeutschlands wohl kaum ein Aufstieg, sondern ein Resultat des Umgangs des (west-)Deutschen Fußball-Bundes mit den Mannschaften aus der DDR. Diese wurden nicht integriert im klassischen Sinne, auch wenn der DFB das gern so verkauft, sondern das westdeutsche Ligensystem wurde aufgebläht, um sie aufzunehmen. Die Bundesliga wurde auf 20 Mannschaften aufgestockt, die 2. Bundesliga wieder in zwei Staffeln mit insgesamt 24 Mannschaften geteilt – mit entsprechend mehr Absteigern. So flogen denn auch gleich drei der sechs Zweitligisten aus der früheren DDR-Oberliga aus der 2. Liga. Insgesamt ein Vorgang, der bis heute Folgen hat. Was Sie mit „der anschließend vermasselten Qualifikation für die Dritte Liga im selben Sommer“ (gemeint sein kann eigentlich nur der Sommer 1991) meinen, erschließt sich mir schon gar nicht, denn der 1. FC Magdeburg spielte nach 1991 zunächst in der dritten Liga: seinerzeit die NOFV-Oberliga (heute 5. Liga). Bis auf den Abstieg durch die Insolvenz ist der FCM lediglich durch Ligareformen und -zusammenlegungen abgestiegen – ein in Deutschland wohl einmaliger Vorgang.
Was das Anziehen des verzweifelten österreichischen Getränkeherstellers angeht, sollte man auch einschränken. Nachdem Red Bull 2006 unter anderem an den Widerständen des Leipziger Publikums mit dem Einstieg bei Sachsen Leipzig gescheitert ist, hat man explizit einen Verein ohne Tradition gesucht – und da ist der FCM bei aller Kritik der falsche Verein.
Zum Satz mit der „aggressiven rechten Ultra-Szene“ möchte ich am liebsten nichts mehr sagen. Was ist Ihrer Meinung nach eine Szene? Reicht eine Minderheit von rechten Idioten aus, um von einer rechten Szene zu sprechen? Ich glaube nicht. Davon abgesehen bin ich mir auch nicht sicher, was Sie mit dem Begriff Ultra meinen, denn von einem aggressiven (im Sinne von gewalttätigen, denn nichts anderes suggeriert Ihre Verwendung des Begriffs) Auftreten Magdeburger Ultras ist mir in den letzten Jahren nichts bekannt.
Disclaimer: Ich stehe dem FCM durchaus emotional nahe. Es existieren selbstverständlich auch im Umfeld des 1. FC Magdeburg Probleme, wie es bei jedem Fußballverein Probleme gibt. Allerdings sollte man sich doch darauf konzentrieren, Tatsachen anzuführen und nicht von existierenden Probleme ablenken, indem man 08-15-Vorurteile aus der Schublade holt.