Ist da jetzt Vorfreude?

Am kommenden Sonnabend beginnt die neue Regionalligasaison mit dem Spiel des 1. FC Magdeburg gegen Hertha BSCs Zweite. Allein diese Paarung illustriert, dass der Club von der Elbe nach wie vor in den Niederungen des deutschen Fußballs dahin dümpelt. Zwar gibt es auch unter Liga 4 weitere Spielklassen, aber auch hier gilt: Schlimmer geht immer, das ist kein Argument.
Die neue Saison ist eine besondere, denn in seiner unendlichen Weisheit hat der Deutsche Fußball-Bund beschlossen, die vierte Spielklasse zu reformieren. Auslöser der Reform war eine Faninitiative, der sich nach und nach auch Vereine anschlossen. Die Initiative forderte unter anderem die Verbannung der Reserveteams und andere Maßnahmen, um die Wirtschaftlichkeit und vor allem die Attraktivität der Regionalligen zu steigern. Dabei wurden mehrere Modelle diskutiert, von zwei Staffeln mit je zwei Aufsteigern bis zur so genannten 2+1-Lösung: Eine Staffel mit Reserveteams und zwei mit „richtigen“ Clubs. Da der DFB aber solche Reformen nicht machen kann, ohne die Proficlubs, die im DFB-Kongress Stimmrecht haben, zu berücksichtigen, ist etwas herausgekommen, dass man im besten Fall abenteuerlich, im schlimmsten schwachsinnig nennen könnte.
Ab der Saison 2012-13 wird die vierte Spielklasse in fünf Staffeln aufgeteilt, die sich geographisch an den Mitgliedsverbänden orientieren. Es wird also eine Nord-, eine Nordost-, eine West und eine Südweststaffel geben. Ausnahme in der geographischen Unterteilung – denn keine Regel ohne Ausnahme, eherne deutsche Tatsache – bildet das Bundesland Bayern, in dem eine eigene Regionalliga gespielt wird. Dem aufmerksamen Leser wird vielleicht aufgefallen sein, dass dank dieser Reform nun 5 Mannschaften Meister in der vierten Liga werden können. Wer nun glaubt, die 20 Mannschaften umfassende 3. Liga, eins der berüchtigten Premiumprodukte des DFB, erhielte 5 Abstiegsplätze um die 5 Regionalligameister aufzunehmen, der kennt den DFB schlecht. Es bleibt bei drei Abstiegsplätzen für 5 Aufsteiger. Gut, spielt man halt irgendwie aus, zum Beispiel in einem Fünferturnier mit vier Spieltagen. Heimrecht könnte man auslosen oder grundsätzlich auf neutralem Platz spielen. Ungerecht ist’s ja eh schon, dass man als Meister nicht garantiert aufsteigt. Aufstiegsturnier mit fünf Mannschaften war dem DFB aber wohl zu kompliziert. Stattdessen werden drei Partien mit Hin- und Rückspiel gespielt, wobei die Paarungen gelost werden. Nun braucht man natürlich eine sechste Mannschaft. Und die nimmt der DFB aus der Südweststaffel. Wie? Warum? Je nun, in den Offiziellen Mitteilungen des DFB findet sich keine Erklärung. Allerdings steht die Begründung im Raum, dass in den für die Regionalliga Südwest zuständigen Verbänden die meisten Vereine aller Regionalverbände organisiert sind. Insofern hat die Anzahl der Dorfclubs im Südwesten Deutschlands direkten Einfluss auf die Aufstiegsregelung von Liga vier in Liga drei. Man mag verschiedenes davon halten – der erste, der mir eine rationale Begründung liefert, warum das eine gute Idee ist, bekommt ein Bier ausgegeben.1)
Der Nebeneffekt der Regionalligareform ist der Wegfall von Abstiegsplätzen für die Saison 2011-12, also die jetzt beginnende. Was normalerweise lediglich am Rande von Anhängern des 1. FC Magdeburg registriert würde, hat durch das – gelinde gesagt beschissene – Abschneiden in der Vorsaison doch mehr Aufmerksamkeit bekommen. Im letzten Jahr entging der Club mit vier Siegen gegen demotivierte und unfähige Mannschaften in den letzten vier Spielen knapp dem Abstieg in die Oberliga. „Retter“ war seinerzeit Wolfgang Sandhowe. Sandhowe arbeitet seit gut 25 Jahren im Trainerberuf. Erfolge: Aufstieg in die Regionalliga Nordost mit den Reinickendorfer Füchsen. 1994.
Damit sind wir dann auch „schon“ bei der Überschrift dieses Eintrags. Dass Sandhowe Trainer war, als der Club den Abstieg vermied, ist unstrittig. Gezweifelt werden darf aber durchaus am Umfang seines Anteils. Die vier Siege, die letztlich den Ausschlag zum Klassenerhalt gaben, waren nämlich nicht eben auf die Leistung der eigenen Mannschaft zurückzuführen. Da war zum Beispiel das Heimspiel gegen die Reserve von Eintracht Braunschweig. Der Gast führte mit 1-2, dominierte das Spiel, und die Stimmung bei den Heimfans ließ sich mit gerade noch mit schockiert beschreiben, als der Club plötzlich und durchaus unerwartet ausglich. Allerdings brauchte der Club drei Punkte, denn die Spiele gegen Hannover 96 II und auch das Heimspiel gegen Kiel ließen keine große Punktausbeute erwarten. Und hier griff nun Wolfgang Sandhowe ins Geschehen ein der Fußballgott ins Geschehen ein, fuhr in die Braunschweiger Latowski und Kragl und sorgte für rote Karten wegen groben Fouls bzw. Tätlichkeit. Gegen nunmehr noch 9 Braunschweiger gelang dem Club dann noch der Siegtreffer durch Denis Wolf. In der Woche drauf war es dann wieder Wolfgang Sandhowe der Fußballgott, der dafür sorgte, dass Hannovers Hofmann in der ersten Minute des Spiels den Ball elegant über seinen eigenen Keeper hob. Aber unabhängig von den Ergebnissen machte die Mannschaft in den Spielen unter Sandhowe nicht den Eindruck, mit besonderer taktischer Finesse zu spielen, oder besser überhaupt mit einer taktischen Ausrichtung zu agieren. Und dieser Mann sollte den 1. FC Magdeburg jetzt in die neue Saison führen, die zum Neuaufbau eines Teams dank Wegfall der Abstiegsplätze wie geschaffen schien? Da erscheinen mir doch Zweifel angebracht.
Nun ist es aber so gekommen und die gemeinsam mit dem Sportdirektor Detlef Ullrich2 zusammengestellte Mannschaft hat jetzt fünf Wochen Vorbereitung hinter sich. Dabei wurden alle Spiele gewonnen, aber was war das für eine Gegnerschaft! Von Kreisklasse bis Regionalliga war alles vertreten, wobei die unterklassigen Gegner deutlich in der Mehrzahl waren. Aber auch dabei gab es Probleme. So erreichte man gegen Viktoria Köln gerade so noch ein 2-1 und auch die Auftritte in Haldensleben und das Duell mit Regionalligist SC Verl konnten Beobachter nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Apropos Stürme: Stürmer hat der FCM jetzt ganze zwei. Den Amerikaner Wright, der sich selbst eher im zweiten Glied einordnet denn als Stammkraft, und, schon seit dem letzten Wochenende unter Vertrag, den Polen Dawid Krieger, der zwar Potenzial zeigte, aber nach zwei Wochen Training sicher noch nicht so gut ins Mannschaftsspiel eingebunden werden kann.
Nun ist es ja so, dass Spiele gegen unterklassige Mannschaften auch sinnvoll sind, um beispielsweise Spielzüge und das Offensivspiel zu üben. Die Abwehr wird dabei aber naturgemäß wenig gefordert. Die Ergebnisse aus den Wochen der Vorbereitung sollte man dann natürlich irgendwann sehen können. Und dafür bot sich das Saisoneröffnungsspiel gegen den FK Bohemians Prag (St?ížkov) natürlich an. Der tschechische Zweitligist, der im übrigen nichts mit dem legendären Prager Fußballclub Bohemians zu tun hat, außer die Namensrechte gekauft zu haben, trat allerdings nur einen Tag nach einem Pokalspiel3 in Magdeburg an und war so kein Prüfstein für die Verteidigung. Was nun der FCM im Vorwärtsspiel zeigte, kann ich nur mit dem hässlichen Wort „gute Ansätze“ bezeichnen. Über die gesamte Spielzeit gelang es nicht, die Prager mal über längere Strecken unter Druck zu setzen und sich Chancen zu erarbeiten. Bezeichnenderweise ging der FCM dennoch mit einem 2-0-Vorsprung in die Pause, da Friebertshäuser nach Freistoß per Kopf und Bauer per (berechtigten) Elfmeter trafen. Eine Torchance aus dem Spiel heraus gab es für die Elbestädter in der gesamten ersten Hälfte nicht.
Das Bild wandelte sich auch in der zweiten Hälfte nicht wesentlich, allerdings gab es trotz zahlreicher Wechsel keinen sonderlichen Bruch im Spiel, was man einerseits positiv sehen könnte, aber auch kritisch: Was soll gebrochen werden, wenn eh keine Struktur im Spiel ist? Dennoch gelang dem Club noch das 3-0 als Wright einem Ball im Strafraum nachsetzte und scharf in die Mitte legte, wo Nachwuchsspieler Fabio Viteritti nur noch einschießen musste. Insgesamt war das Gezeigte aber zu wenig bei der geringen Gegenwehr auf Prager Seite.
Am Sonnabend steht nun mit der Reserve von Wieder-Erstligist Hertha BSC ein echter Prüfstein ins Haus. Im Gegensatz zu früheren Zeiten, als sich die Berliner in Magdeburg immer wieder selbst schlugen, haben die beiden Ex-Profis Zecke Neuendorf und Pál Dárdai der Mannschaft eine neue Dimension Abgezocktheit verpasst, die die Magdeburger in er letzten Saison mit zwei Niederlagen bereits zu spüren bekamen. Hier wird man also sehen können, wie die neu zusammengestellte Abwehr sich gegen die schnellen und ballsicheren Berliner schlagen wird.
Rechte Vorfreude will aber nicht aufkommen, denn Mannschaftszusammenstellung – es wurde wieder kein dringend benötigter Führungsspieler für die Defensive geholt um Kapitän Daniel Bauer zu unterstützen – und der generelle Eindruck, der Verein habe die Saison schon abgeschenkt, verhindern das. Da helfen auch die Beteuerungen des neuen Präsidenten, man wolle vorne mitspielen und sich nicht unter Wert verkaufen nichts. Dass Sandhowe sich sicher ist, dass der Verein nicht noch einmal eine solche Zittersaison erleben würde wie im Vorjahr, weil er ja diesmal die Mannschaft zusammengestellt hat und sie gleichwertig doppelt besetzt ist, stimmt mich auch nicht optimistischer. Gleichwertig lässt die Frage nach dem Niveau nämlich unbeantwortet.
Ein guter Start in die Saison ist aber natürlich enorm wichtig für einen Verein, dessen Etat so stark wie beim FCM von der Zuschauerzahl abhängt. Außerdem hilft eine Platzierung im vorderen Bereich nach den ersten paar Spielen natürlich auch bei den Verhandlungen mit einem neuen Trikotsponsor, der ja den alten Sponsor ablösen muss, den das alte Präsidium in einem eher undurchsichtigen Deal verpflichtet hatte. Als gäbe es nicht genug Baustellen beim Club und um den Club herum hatte übrigens der neue Stadionbetreiber nichts Besseres zu tun, als dem Caterer zu kündigen. Das hatte das alte Clubpräsidium vor etwa einem Jahr auch versucht und war damit gescheitert. Völlig überraschend ging auch die erste Runde im neuen Streit an den Caterer. Fortsetzung folgt. Professionalität sieht aber anders aus.


  1. Einzulösen auf der Aufstiegsfeier des 1. FC Magdeburg in Liga 3 ;- 

  2. kam aus Cottbus 

  3. das auch noch verloren ging 

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