In wenigen Tagen (manche sagen übermorgen dazu) beginnt für den 1. FC Magdeburg die neue Saison in der Regionalliga Nordost.
Nachdem die vergangene Saison dank einiger unerklärlich schwacher Vorstellungen in der zweiten Saisonhälfte mit dem zweiten Platz endete, hat sich die Vereinsspitze nun klar zum Ziel Erster Platz bekannt. Dass das Ziel Aufstieg nicht formuliert wurde, hat mit Sicherheit damit zu tun, dass die Aufstiegsrelegation ja doch eher einer Lotterie gleicht: Wie groß sind schon die Chancen auf einen Relegationssieg gegen Wolfsburg II oder Bayern II? Sie sind vorhanden, wie die letzte Relegation gezeigt hat, aber sie sind eben klein.
Vor der letzten Saison hatte ich ja vorhergesagt, die Mannschaft sei zu schlecht trainiert, um aufzusteigen. Das hat sich dann leider in einigen Partien bestätigt und letztlich wohl auch zum Ende des Engagements von Andreas Petersen geführt, auch wenn man das von Vereinsseite anders kommuniziert hat. Nachfolger ist Jens Härtel, der vor einiger Zeit mit dem Berliner AK sehr ordentliche Arbeit abgeliefert hat1 und zuletzt den Aufstieg der U19 eines österreichischen Brauseherstellers verantwortete.
Dieser Jens Härtel hat nun in der Saisonvorbereitung mehrere Systeme und Spielvarianten eingeübt, wobei sich als Hauptvariante wohl ein 4-4-2 mit Raute herauskristallisiert hat neben dem 4-4-2 mit flacher Mittelfeldkette. Hochmodern allerdings auch, dass in manchen Situationen auch mit einer Dreierkette aus zwei Innenverteidigern und einem defensiven Mittelfeldmann agiert wird, wie man es in manchen Spielen der zurückliegenden Weltmeisterschaft beobachten konnte. In allen Spielen der Vorbereitung war erkennbar, dass Härtel Freund des Arbeitens gegen den Ball und des Forecheckings ist – das genaue Gegenteil seines Vorgängers also. Dass er angekündigt hat, das Ziel der Mannschaft sei es, nach Möglichkeit jeden Gegner zu dominieren, macht den Kontrast zu Andreas Petersen noch deutlicher.
Neben der Stellschraube Trainer hat der Verein aber auch auf anderen Positionen umgestellt. Der bisherige U19-Trainer Ronny Thielemann wurde zum Co-Trainer befördert2, der von Petersen geschasste Marco Kurth hat das beste aus der Situation gemacht und die von ihm übernommene B-Jugend in die Bundesliga geführt – und darf sie selbstverständlich weiterhin betreuen. Für die U19 hat man mit Thomas Hoßmang einen gestandenen Trainer verpflichtet, der allerdings den Ruf genießt mitunter schwierig zu sein. Auch da ist das Ziel wohl kaum die Bestätigung des 9. Platzes aus der Vorsaison.
An der Linie also reichlich neues, aber auf dem Platz hat sich auch einiges verändert. Neun Abgängen stehen sieben Zugänge gegenüber. Aber was nach einem großen Umbruch aussieht, ist nur bedingt einer. Nur drei der Abgänge haben in der abgelaufenen Saison mehr als 20 Ligaspiele bestritten, nämlich Fabio Viteritti, Tino Schmunck und Kevin Nennhuber. Viteritti zog sich kurz vor Saisonende eine schwere Knieverletzung zu, fällt damit mindestens bis Jahresende aus – lehnte das Angebot zur Vertragsverlängerung aber dennoch ab. Schmunck kam dagegen zwar auf 27 Einsätze, spielte aber im Schnitt nur 43 Minuten. Nennhuber hatte wohl eher das Pech, dass sein Vertrag auslief, während der von Christopher Handke noch bis 2015 gilt. Wären beide Verträge 2014 ausgelaufen, wer weiß…
Bei den anderen Abgängen handelt es sich nicht um Stammspieler oder um solche Spieler, die nicht (mehr) das Potential haben, in der Regionalliga zu bestehen, wie die langjährigen Clubspieler Stephan Neumann oder Tobias Friebertshäuser. Ersterer verpasste die gesamte Saison wegen einer Verletzung, letzterer hatte nur einen, leider katastrophalen Einsatz. Florian Beil war nach seiner Verletzung zu Saisonbeginn leider nie wieder der alte, Telmo Teixeira hatte unter Petersen keine Bewährungschance und konnte wohl auch den neuen Trainer nicht beeindrucken. Dass ein Ersatztorhüter nach zwei Jahren auf der Bank den Verein wechselt ist normal, dass ein Langzeitverletzter wie Patrick Bärje vermutlich Sportinvalide wird hingegen traurig.
Unter den Neuzugängen ragen vor allem Rückkehrer Silvio Bankert, Außenspieler Schlosser und Ersatztorwart3 Jan Glinker hervor. Neben diesen teils zweitligaerfahrenen Spielern wurden vor allem jüngere verpflichtet, die aber trotz ihres Alters schon einiges an Ligaerfahrung mitbringen, wie Niklas Brandt, der aus Halle an die Elbe wechselte und immerhin schon mehr als 50 Viert- und 15 Drittligaeinsätze absolviert hat. Insgesamt hat man den Eindruck, dass sich der Verein sinnvoll verstärkt hat, mit der möglichen Ausnahme des Kreativen im Mittelfeld. Hier allerdings hat der Trainer mehrfach Lars Fuchs ausprobiert – und das durchaus mit Erfolg. Dennoch wird das Clubspiel höchstwahrscheinlich stark flügellastig bleiben, was auch einfach der Qualität der Außenspieler geschuldet ist. Hier bilden die beiden Außenverteidiger Hammann und Lange die Ergänzung zu Schlosser und z.B. Kruschke.
Dennoch ist diese Liga unberechenbar, denn auch wenn alle Trainer den FCM als Aufstiegsfavoriten nennen, gibt es da doch mehrere Mannschaften, die das Potential haben, den Elbestädtern in die Suppe zu spucken. Inwiefern Carl Zeiss Jena dazu gehört, ist schwer einzuschätzen, da die Jenaer in letzter Zeit eher dazu neigten, zu implodieren und sich eher mit sich selbst als mit Fußball zu befassen. Dazu noch Lutz Lindemann als Vereinspräsident, der schon an einigen Stationen verbrannte Erde hinterlassen hat. Zwickau hatte sich im letzten Jahr vor allem auswärts nicht ligatauglich präsentiert. Wird das besser, werden die Sachsen auch weiter vorn landen. Die TSG Neustrelitz wird wohl eher nicht auf demselben Niveau spielen wie in der Vorsaison – neben Trainer Brdaric verließen auch 19 (!) Spieler den Verein. Wacker Nordhausen wird von einigen dagegen schon als Geheimfavorit gehandelt, nachdem sich der Vorjahresfünfte mit einigen zweit- und drittligaerfahrenen Akteuren verstärkt hat. Auch Aufsteiger BFC Dynamo sollte eine gute Rolle spielen, wohingegen hinter Halberstadt und Babelsberg Fragezeichen stehen und der andere Neuling Budissa Bautzen wohl eher gegen den Abstieg spielen dürfte. Genau wie Hertha BSC II ist auch Union II, der Auftaktgegner des FCM, die übliche Reservenwundertüte. Ein derartig klares Ende wie in der Vorsaison ist allerdings eher unwahrscheinlich, auch da die mutmaßlichen Topfavoriten erst gegen Ende der Runden gegeneinander spielen – mit Ausnahme der Paarung Jena-BFC, die auf dem ersten Spieltag4 liegt.
Neben der Liga tritt der FCM auch noch im DFB-Pokal an, wo man am 17. August auf den FC Augsburg trifft. Sicher nicht das ganz große Los, aber sportlich ein recht schwieriges, zumal die Augsburger Vorbereitung nicht so verläuft, dass man mit einer Unterschätzung des Viertligisten rechnen dürfte. Dennoch wäre ein Weiterkommen in Runde 2 lukrativ – und mancher verweist auch gern auf die DFB-Pokal-Erfahrung des Trainers…
Im Landespokal hat sich der Club übrigens schon auf den Weg zur Titelverteidigung gemacht und Saxonia Tangermünde nach schwachem Spiel 6-1 geschlagen. Dort sind also nur noch vier Runden bis zum Finale zu überstehen. Man darf gespannt sein.