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Wo liegt eigentlich Schopenhau?

Gestern musste ich mehrfach eine Adresse angeben, und es ist doch immer wieder interessant zu sehen, was die Leute so wissen. „Bei Straßennamen, die auf -er enden, trennt man das Wort Straße doch ab…“
Nein, tut man nicht. Das tut man für gewöhnlich bei Ortsnamen, also bei der Hamburger Straße beispielsweise. Bei der Schopenhauerstraße tut man das nicht. Die ist ja nunmal nach Herrn Schopenhauer benannt und nicht nach Schopenhau (Google sagt, das gibts nicht, und Google Maps findet auch nur eine Straße mit dem Namen „Schopenhauer“ nahe Mexico-City, nachdem man auf „Meinten Sie?“ geklickt hat.
Immerhin wollte den Namen gestern keiner mit Doppel-P schreiben…

Des Cynics Wörterbuch, Teil VII

Heute geht es um ein Problem der schriftlichen Repräsentation gesprochener Sprache.
Es handelt sich um das Wörtchen eben. Das hochdeutsche „eben“ lässt sich noch einfach per Duden darstellen. Aber die Art, in der ich und andere es aussprechen wird’s schwieriger. Für alle verwirrten:

em, IPA [e:m], s. eben.

Auf oder in?

„Der Opa sitzt im weichen Stuhl“
Warum der Witz funktioniert, ist klar – man sitzt eben nicht in Stühlen. Wir sitzen auf dem Stuhl, auf dem Tisch, auf dem Boden, auf der Couch, auf dem Sofa…aber wehe, es ist kein Zweisitzer, sondern ein Einsitzer, denn dann ists ein Sessel – in dem man sitzt.
Komische Sprache, dieses Deutsch.

Gelegentlich gefährliche Blumenwürfe

Gestern erbrachte ich den Großteil des Tages damit, an einem handbetriebenen Mikrofilmlesegerät zu sitzen – sehr wenig ergonomisch übrigens, Bildschirmunterkante auf Augenhöhe und und dann 20 Zentimeter nach oben, Genickstarre vorprogrammiert, und dass die Filmrolle antichronologisch aufgerollt war, half aucht nicht wirklich – und meinen Herrn Vater bei der Recherche zu unterstützen. Der schreibt nämlich grad an einer Zeitungsserie zum Thema „Die preußische Provinz Sachsen auf dem Weg ins Dritte Reich“. Anlass ist natürlich die „Machtergreifung“ der Nazis vor 75 Jahren. Aber darum geht es hier nur am Rande. Beim Studium der Zeitungen fiel mir auf, dass dort einige Wörter anders benutzt werden, als es heutzutage der Fall wäre.
Ein Beispiel ist das Wort „gelegentlich“. Gelegentlich benutzen wir heutzutage ja meist im Sinne von „wenn es mir passt“ oder „ab und zu“, wenn wir zum Beispiel sagen, „gelegentlich komme ich an der Ecke Reuter-Allee/Breiter Weg vorbei“ oder „ich komme dich gelegentlich besuchen“. In den Zeitungen fand ich jedoch lediglich die Verwendung im Sinne von „anlässlich“ oder schlicht „bei“. (Der Duden lässt im übrigen beide Möglichkeiten zu und scheint sich nicht ganz einig, welches die häufigere ist.)
Zum Beispiel meldet die Saale-Zeitung, ein deutschnationales Blatt, nicht zu verwechseln mit der Regionalzeitung aus der fränkischen Rhön, folgendes in ihrer Ausgabe vom Dienstag, 4. Juli 1933:

Der Adjutant des Reichskanzlers Adolf Hitler, Brückner, untersagt das Werfen von Blumen auf den Wagen des Führers gelegentlich der Fahrten und Aufmärsche.

Wie man sieht, heißt gelegentlich hier „anlässlich“. Aber das eigentlich interessante ist ja die Frage: Warum wird das Werfen von Blumen untersagt? Ist der Führer allergisch? Oder hat er einfach ob der schieren Menge an Blumen Atemnot? Fragen über Fragen, die die Zeitung nicht beantwortet. Schade eigentlich.

Eine andere Meldung, die auch in diesen Zeitraum fällt, aber nicht in der Saale-Zeitung, sondern in den Hallischen Nachrichten stand, lautet so:

Bezeichnung „Lutherstadt“ abgelehnt
Eisleben. Wie der Magistrat mitteilt, ist das Gesuch um Verleihung der Bezeichnung „Eisleben-Lutherstadt“ vom Preußischen Minister des Innern abgelehnt worden. Der Antrag war in der Hauptsache deswegen gestellt worden, um die vielen Fehlleitungen bei der Post, Bahn usw. zu vermeiden.

Tatsächlich heißt Eisleben erst seit dem 17.2.1946 „Lutherstadt“.

Update: Die Magdeburgische Zeitung vom 4. Juli (Haupt-Ausgabe) gibt bezüglich der Blumenwürfe weitere Aufklärung. Der Führer ist weder allergisch, noch leidet er unter Atemnot. Vielmehr hat man Angst um sein Augenlicht. Es heißt dort:

Keine Blumen werfen!
Mitteilung des Adjutanten des Reichskanzlers
Berlin, 3. Juli. Der Adjutant des Reichskanzlers, Brückner, teilt mit: Bei den letzten großen Aufmärschen und Fahrten haben die Zuschauer wieder ein Bombardement mit Blumen auf den Wagen des Führers eröffnet. Dieses Werfen mit Blumen ist mit Gefahren für die Wageninsassen verbunden, wie wiederholte Vorfälle gezeigt haben. So erhielt kürzlich einer der Begleiter durch einen mit voller Wucht geschleuderten, auf Draht gebundenen Blumenstrauß eine Gesichtsverletzung und hatte es nur einer rechtzeitigen Kopfwendung zu verdanken, daß nicht ein Auge gefährdet wurde. Das Werfen von Blumen auf den Führerwagen ist deshalb strikt untersagt.

P.S. Im Stadtarchiv Magdeburg gibt es Mikrofilmlesegeräte mit motorisierter Spuleinrichtung und Kopierfunktion. Ein Segen.

Des Cynics Wörterbuch, Teil VI

Heute wird, dem Trend zur Kurzfassung folgend, ein Wort vorgestellt, dass in des Cynics Wortschatz die lange gebräuchliche Abkürzung eigtl ersetzt hat, dank gewisser anderer Leute. Man sieht, soziale Kontakte bereichern den Wortschatz. (Überraschung!)

eich, Adjektiv, Adverb oder Abtönungspartikel. Eich ist ein Universalwort, genauso wie sein Ursprungswort. Bei eich handelt es sich nämlich um eine Kontraktion des Worts eigentlich. Gegenüber anderen Kurzversionen des Ursprungsworts hat eich den Vorteil, dass es einfach auszusprechen ist.

Akronyme, Kurzwörter und ähnliches

Akronyme und Kurzwörter sind aus unserer Sprache ja bekanntlich nicht mehr wegzudenken. UKW, Lkw und Pkw sagt wohl jedem etwas. Allerdings ist dieser Trend zur Kürze noch nicht ewig existent, und so ist doch die Frage: Was wäre, wenn es diesen Aküfi schon vor 100 Jahren gegeben hätte?
Würden wir dann statt Pkw oder Auto jetzt Wopf (Nomen, maskulin, Wöpfe, des Wopfes, dem Wopf, den Wopf) sagen? Wopf steht natürlich für Wagen ohne Pferde.

Des Cynics Wörterbuch, Teil IV und V

Heute gehts dann mit der Wortschatzerweiterung in die nächste Runde. Nachts ists bekanntlich kälter als draußen, dafür kann man in der Straba aber noch was lernen. Sollte eine gewisse gutaussehende Abiturientin Anspruch auf ihr Wort erheben, kann sie mir ja ne Email schicken. Aber bis dahin nehm ich jetzt einfach mal eine Wortprägung auf.

kaffig. Adjektiv. steigerbar (-er, -sten). Beschreibt die Eigenschaft von Ortschaften, Dörfern oder Städten, die gemeinhin als Kaff bezeichnet werden.

In diesem Zusammenhang passt dann auch gut das nächste Wort.

Kuhbläke. Nomen, femininum. Eine Kleinstadt (oder eine noch kleinere Ansiedlung), die agrarisch geprägt ist und in der nichts, aber auch gar nichts los ist.