Andere Länder, andere Sitten

Dieser Allgemeinplatz trifft ja so ziemlich auf alles zu, und auch beim Fußball ist er nicht ohne Relevanz. Die Liebesbekundungen englischer Fußballfans sind oft von dem geprägt, was wir als typisch englischen Humor bezeichnen. Das kann aber den ein oder anderen deutschen Fußballer durchaus vor Probleme stellen.

Als Jürgen Klinsmann 1994 zu Tottenham Hotspur in die englische Premier League wechselte, wurde von den als sangesfreudig bekannten englischen Fans bald auch für Jürgen ein Lied gedichtet. Zur Melodie eines Mary-Poppins-Klassikers sangen sie „Chim chiminee, chim chiminee, chim chim churoo, Jürgen was a German, but now he’s a Jew!“1 Das ist natürlich keine Beleidigung, denn die Spurs haben in den 1970ern die antisemitischen Gesänge gegen sie einfach aufgenommen und sich seither selbst als „jews“ oder „yids“ bezeichnet. Dabei hat der Verein selbst keine explizit jüdischen Wurzeln, aber wie viele Londoner Clubs einen großen jüdischen Anteil an Fans.
Hier kann man also eigentlich beruhigt sagen, die Fans haben den Deutschen Klinsmann als ein vollwertiges Mitglied der Mannschaft akzeptiert und gut ist.

Wie aber soll man reagieren, wenn man Uwe Rösler heißt und bei Manchester City und Southampton gespielt hat? Rösler, von 1988 bis 1991 auch in Magdeburg unter Vertrag, wechselte ebenfalls 1994 nach England, zu Manchester City. Die City-Anhänger pflegen eine Rivalität mit dem ungleich erflogreicheren anderen Verein aus Manchester, Manchester United. Im 2. Weltkrieg wurde das Heimstadion von United durch deutsche Bomben stark beschädigt, so dass der Verein noch bis 1949 seine Heimspiele an der Maine Road austragen musste, dem Stadion von Manchester City. Diese Episode ist seither natürlich ein steter Quell des Spotts von Seiten der „Citizens“. Anscheinend war mit der Verpflichtung Röslers als einem deutschen Stürmer die Assoziation zu den deutschen Bombern so deutlich und klar, dass schon bald nach Röslers ersten Toren für City T-Shirts auftauchten mit einem Bomber mit deutschen Markierungen und der Kennung M.C.F.C. 1 — und der Aufschrift „Rösler’s grandad bombed Old Trafford“. Präzise, wie Engländer manchmal sind, wurde auch das Datum des Angriffs aufgedruckt.2 Aber nicht nur auf seiner City-Station wurden die (wohl fiktiven) Verdienste von Röslers Großvater derart gewürdigt: Zu seiner Zeit bei Southampton gab es auch einen Fangesang auf Röslers Vater:

Rosler’s dad’s a German,
he wears a German hat,
he dropped a bomb on Fratton,
and we love him just for that.

Fratton Park ist — wie sollte es anders sein — das Stadion des Erzrivalen Portsmouth.3

Wie soll man auf diese Art der Liebesbekundung reagieren?


  1. Siehe auch hier 

  2. Siehe auch die Facebook-Gruppe hier 

  3. Siehe auch hier bei Spiegel Online. 

Kommentare sind geschlossen.