Seit einigen Wochen schlagen die Wellen über die Haushaltspolitik der Landesregierung in Sachsen-Anhalt hoch. Nur die Wellen der Elbe und anderer Flüsse im Land konnten die Debatte in der jüngsten Vergangenheit aus den Schlagzeilen verdrängen. Aber das Hochwasser ist großteils überstanden, und nun steht wieder die Einsparungsdiskussion im Mittelpunkt.
Knackpunkt ist insbesondere die Einsparungsplanung des Finanzministers an den Hochschulen und Universitäten. Hier schwebt Herrn Bullerjahn von der SPD vor, die Haushaltsmittel um 5 Millionen Euro zu kürzen – und zwar jedes Jahr bis eine Gesamtersparnis von 50 Millionen erreicht ist, die Universitäten zu verkleinern, weiter zu spezialisieren, bei den Hochschulen soll auch schon über Standortschließungen nachgedacht worden sein.
Dass eine solche Einsparung an den Häusern, die jetzt schon mit arg auf Kante genähten Haushalten arbeiten müssen, ohne Qualitätsverluste nicht realisierbar ist, scheint dem Finanzminister egal zu sein. Er hängt so sehr an seinem Sparplan, dass er im April sogar mit seinem Rücktritt drohte, sollte die Wirtschafts- und Wissenschaftsministerin im Amt bleiben. Der Ministerpräsident ließ sich beeindrucken und entließ seine Ministerin, die darauf hinwies, dass diese Sparziele nicht erreichbar seien.
Seither ist insbesondere die SPD-Fraktion auf Distanz zu Bullerjahn gegangen und fordert zunächst einmal Konzepte für die Entwicklung des Landes anstelle von Sparplänen. Dass die Landesregierung sparen muss, daran besteht auch bei der SPD kein Zweifel, aber man hat sich schon einmal darauf festgelegt, einem Haushalt ohne Entwicklungskonzept nicht zustimmen zu wollen. Das ist schon eine bemerkenswerte Haltung für eine Regierungsfraktion.
In der Landtagsdebatte am vergangenen Freitag verteidigte der Ministerpräsident dann den Sparkurs seiner Regierung, aber mit einer Eloquenz, dass manch Minister lieber Zeitung las, als ihr zu lauschen. Nach Haseloff protestierten dann neben der Linken und den Grünen, denen auch die fehlende Zukunftsorientierung sauer aufstieß, bevor die Fraktionsvorsitzende der SPD ans Mikrofon trat und eine Rede hielt, die manch Beobachter die „beste Oppositionsrede“ nannte. Sie warf der Landesregierung vor, den Eindruck zu vermitteln, in Sachsen-Anhalt ginge es nur bergab und könne es nur bergab gehen. Außerdem betonte Budde, es gehe bei Schulen beispielsweise nicht in erster Linie um Einsparungen durch die Anpassung des Schüler-Lehrer-Verhältnisses, sondern es gehe in Schulen um Schüler, die eine gute Ausbildung erhalten sollten.
In der Aussprache zur Regierungserklärung ging die SPD also schon auf Konfrontation und auch in den Zeitungsinterviews steckte Budde nicht zurück. Sowohl im Gespräch mit der Magdeburger Volksstimme als auch mit der Mitteldeutschen Zeitung stellte sie klar, dass die Hochschuleinsparungen so nicht zu machen und nicht zustimmungsfähig sind, betonte aber gleichzeitig, dass sie die konkreten Pläne des Finanzministers nicht kenne – genauso wie der Rest des Landes.
Bei beiden Gelegenheiten hieß es auch, Budde ginge davon aus, dass die Regierungskoalition bis zum Jahr 2016, also bis zur nächsten Landtagswahl, halten würde. Das sieht auch der Fraktionsvorsitzende der anderen Regierungsfraktion, André Schröder von der CDU im Interview mit der Volksstimme so.
Nun stellt sich aber die Frage, warum dem so ist. Was ist die Konsequenz, wenn sich herausstellt, dass die Einsparpläne auch nach Kenntnis der detaillierten Vorstellungen des Finanzministers nicht tragbar sind für die SPD-Fraktion? Blickt man auf die bisherige…Kompromissfähigkeit des Finanzministers und des Ministerpräsidenten, steht eher nicht zu erwarten, dass in so einem Fall eine Verhandlung etwas bringt. Insofern sollte, ja muss die SPD erwägen, den Koalitionsvertrag aufzukündigen und vorzeitige Neuwahlen anzustreben. Dazu müssten zwei Drittel der Abgeordneten einem Antrag auf Auflösung des Landtags zustimmen, also 70 Parlamentarier, eine Zahl, die im Falle des Koalitionsbruchs erreichbar scheint.
Für die SPD kann ein vorzeitiges Ende dieser unsäglichen Landesregierung nur von Vorteil sein, denn macht man sich am Haseloff-Bullerjahnschen Spardiktat mitschuldig, dürften die Chancen auf die Regierungsverantwortung als Seniorpartner auch 2016 nicht eben groß sein. Bricht man jedoch jetzt die Koalition mit Blick auf die Spardebatte, dürfte man bei dem ein oder anderen Bürger einen Stein im Brett haben. Die andere Möglichkeit, dass nämlich der Ministerpräsident die Vertrauensfrage stellt, damit nicht durchkommt und die Wahlperiode somit vorzeitig endet, scheint doch eher ausgeschlossen.