Regeln, Sicherheit, Support

Am 5. März spielt der 1. FC Magdeburg in der 3. Liga gegen Hansa Rostock. Eins der zahlreichen „Ost-Derbys“ in dieser Saison und wiederum eines, das von den Sicherheitsbehörden als „Hochsicherheitsspiel“ eingestuft wird.
Dieser Einstufung ist grundsätzlich nicht zu widersprechen, denn schon im Hinspiel wurde kräftig provoziert, es kam zu Spielunterbrechungen und aus dem1 Rostocker Ultrablock flogen Raketen in den Gästeblock. Dazu kommt noch, dass sich das Verhältnis von Magdeburger und Rostocker Fans vorsichtig gesprochen als „angespannt“ bezeichnen lässt.

Am gestrigen Montag sickerte nun durch, dass es zum Derby keine Gästekarten geben solle. Die Magdeburger Pressestelle druckste etwas herum und war dann bis zum Abend incommunicado. Keine gute Eigenschaft für eine Pressestelle, gerade bei einem solchen sensiblen Thema. Bei Fußballspielen ist in Deutschland im Gegensatz zu manch anderen Ländern ein festes Kontingent an Gästekarten vorgesehen, nämlich 10%. Immer mal wieder gibt es Gedankenspiele, dieses Kontingent zu reduzieren oder gar abzuschaffen, meist von der Vorstellung getrieben, dass Fußballspiele „sicherer“ würden, wenn man Gästefans ausschließen würde. Ebenso regelmäßig gibt es dann Proteste oder Petitionen gegen solche Überlegungen. Ironischerweise liegt dem festen Kontingent ja auch die Überlegung zugrunde, dass es einfacher ist, die Fans gegnerischer Vereine zu trennen, wenn man ihnen getrennte Sektoren anbietet…

Im Magdeburger Stadion wurde bei der Planung der Kardinalfehler begangen, nur einen Stehplatzblock mit einer Kapazität von 1400, inzwischen nur 1200 Personen als Gästeblock abzutrennen. Das entspricht natürlich nicht annähernd 10% der Gesamtkapazität von aktuell 25.700. Entsprechend wurde nun, da sich die Zuschauerzahlen deutlich nach oben bewegen, der Umbau des Gästesektors in Angriff genommen.

Diese Bauarbeiten in Verbindung mit den Vorfällen vom Hinspiel wurden nun als Argument benutzt, um das Gästekontingent zu reduzieren. Interessanterweise hieß es dazu vor nicht einmal zwei Wochen:

Für Steffen Schüller und FCM-Geschäftsstellenleiter Matthias Kahl ist das grundsätzlich kein zu großes Problem. Sie gehen davon aus, dass alle Plätze im Gästebereich genutzt werden können.

Wie das nun so läuft, solidarisierte sich der sogenannte aktive Teil der Magdeburger Fanszene mit den ausgeladenen Rostockern, die ihrerseits nun eine Demonstration in Magdeburg anmelden wollen, um für den Erhalt der Fanrechte zu demonstrieren. Beim Magdeburger Block U heißt es:

Bereits vor einer offiziellen Verlautbarung dieser Meldung gibt Block U – 1. FC Magdeburg bekannt, dass wir für besagte Partie keinen Gästeausschluss und ebenso wenig ein deutlich reduziertes Gästekontingent akzeptieren werden. Gleichzeitig fordern wir die Verantwortlichen des 1. FC Magdeburg auf, Stellung und Position für Fußballspiele mit Gästefans zu beziehen und allen Konsequenzen zum Trotz dies gegenüber der Polizei so zu vertreten.

Aufgrund der Kurzfristigkeit dieser Nachricht können wir noch nicht mitteilen, wie wir im Fall der Fälle reagieren werden. Es ist aber faktisch ausgeschlossen, dass die Nordtribüne zu jenem Spiel in gewohnter Form und Mannstärke agieren wird.

In jedem Falle werden wir alles daran setzen über unser Netzwerk eine adäquate Anzahl an Karten für die Heimbereiche des Heinz-Krügel-Stadion zu organisieren, um diese anschließend dem F.C. Hansa Rostock zur Verfügung zu stellen.

Am Abend veröffentlichte der FCM dann eine Pressemitteilung, aus der ein reduziertes Kontingent von 700 Karten für die Rostocker Anhänger hervorging, diese allerdings personalisiert. Am heutigen Tage erschien eine weitere Pressemitteilung, in der der FCM alle Schuld von sich weist. Die Polizei habe das reduzierte Kontingent zu verantworten, dieses sei nicht verhandelbar. Versuche der Magdeburger, über den FC Hansa mit dortigen Fanvertretern in Kontakt zu treten seien von Hansa mit dahingehend beantwortet worden, dieser Dialog mit der aktiven Fanszene sei nicht möglich. Mit Blick auf die anstehende Partie gegen Dynamo Dresden wird erklärt, dass bereits der Dialog mit deren Verantwortlichen laufe, ein volles Gästekontingent sei allerdings auch dann nur nach Abschluss der Bauarbeiten möglich.

Diese Bauarbeiten sind ursprünglich bis Mai angesetzt.

Was werden nun die Konsequenzen dieses unsäglichen Vorgangs sein? Der Spalt zwischen „aktiver Fanszene“ und Verein ist nicht eben kleiner geworden, wie sich auch aus dem aktualisierten Statement von Block U ergibt. Hier wird dem Verein unterstellt, dieses reduzierte Kontingent langfristig geplant zu haben. Dies wird von Beiträgen im Fanforum gefüttert, dass bereits in Block 18 und 17 Karten an FCM-Fans verkauft worden seien – in Blöcken also, die direkt neben dem eigentlichen Gästeblock liegen und im Normalfall nicht verkauft werden. Allerdings wäre bei Unterbringung der Gästefans im Bereich der Blöcke 14 und 15 dennoch ein Kontingent von etwa 2400 Zuschauern unterzubringen, so dass man aus dem Verkauf dieser Blöcke nicht zwangsläufig schließen kann, die Reduzierung des Gästekontingents sei von Beginn an geplant gewesen.

Sollte sich Block U zu einem Stimmungsboykott entscheiden, der über die Partie gegen Rostock hinausgeht, so geht dem FCM ein Pfund verloren, mit dem man bislang liga- und bundesweit auf sich aufmerksam machen konnte, denn die Fanunterstützung wird nicht nur von Anhängern des FCM gelobt.

Unterstellt man, dass die Darstellung des FCM korrekt ist, muss man feststellen, dass ein anderes Handeln des Vereins nahezu unmöglich gewesen wäre. Der FCM ist nicht Eigentümer des Stadions, hat daher auch keinen ultimativen Einfluss auf den Beginn und das Ende irgendwelcher Bauarbeiten. Genauso wenig kann der Verein sich über die „Empfehlungen“ der Polizei hinweg setzen. Was dem Verein in jedem Fall vorzuwerfen ist, ist eine mangelnde Öffentlichkeitsarbeit. Hätte man die Öffentlichkeit frühzeitig über die Problematik informiert – gerade, wenn diese außerhalb des Einflusses des Vereins liegt – wäre der negative Eindruck, der entstanden ist, um einiges reduziert worden.

Die Fanszene allerdings darf sich die Frage gefallen lassen, warum man bei der Reduzierung des Magdeburger Gästekontingents bei der Partie in Dresden nicht annähernd in dieser Form reagiert hat, zumal die Reduzierung in Dresden ohne vernünftige Begründung stattfand und vermutlich nur der Durchführung des Dresdner „Projekt X“ geschuldet war – die Blockfahne deckte nur den Gästestehplatz nicht ab, die weiteren eigentlichen Gästeplätze wurden auch in Beschlag genommen. Warum also setzt man sich in Magdeburg vehement für die Dresdner Fanszene ein, die die Reduzierung des Gästekontingents nicht nur in Kauf genommen, sondern sogar verursacht hat?


  1. in Rostock idiotischerweise direkt neben dem Gästeblock plazierten 

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