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Es wird nicht besser

Im August letzten Jahres schrieb ich ja, dass ich überfordert wäre.

Das ist jetzt ein halbes Jahr her. Und irgendwie ist das alles nicht besser geworden. Die Olympischen Spiele in Sotschi sind vorbei, man muss sich jetzt also nicht mehr darüber aufregen, dass man die Spiele in ein Land mit derart diskriminierender Gesetzgebung vergeben hat. Hilft ja jetzt nichts mehr.

Die Bundestagswahl ist auch vorbei. Auch da ist es schlimmer geworden. Knapp ist die CDU an der Alleinregierung vorbeigeschrammt. Dafür koaliert man jetzt mit der SPD, die anscheinend auch 2017 nicht den Bundeskanzler stellen möchte. Denn aus einer Koalition mit der CDU ist ja noch keiner gut rausgekommen, stimmt’s, liebe Freunde von der FDP?

In Syrien hat niemand militärisch eingegriffen. Stattdessen werden die syrischen Chemiewaffen unter Aufsicht einer nobelpreisgewinnenden Organisation vernichtet. Also – sie sollen vernichtet werden. Passiert ist da so richtig auch noch nichts. Das passt aber natürlich ins Bild, denn beendet ist der Konflikt ja auch nicht, er findet nur nicht mehr auf Seite Eins statt.

Bei den Freunden von der NSA ist immer noch nicht Schluss mit der Überwachung. Nein, da hat man noch die Überwachung verstärkt. Da man jetzt keine Regierungsoberhäupter befreundeter Staaten überwachen darf,1 überwacht man halt verstärkt die nächstuntere Ebene. Und der GHCQ hat sich davon überraschen lassen, dass die Hälfte aller Webcamchats zwischen nicht vollständig bekleideten Menschen stattfindet. Ach was. Damit konnte ja keiner rechnen!

Hatte ich erwähnt, dass Syrien jetzt keinen mehr interessiert? Tja, so ist das, wenn man die Probleme nicht innerhalb der five minutes of fame2 lösen kann. Dafür hat sich die Ukraine ja jetzt zur Schlagzeilenmaschine entwickelt. Nachdem da lange schon etwas rumorte, gab es in der vergangenen Woche dann endlich die Eskalation, auf die einige schon so lange sehnsüchtig gewartet haben. Präsident weg, Übergangsregierung da, von Moskau nicht anerkannt. Dafür gibt es jetzt Leute in der Ostukraine, die doch eher zu Russland gehören wollen. Und, wenn man einigen Medien glaubt, hängen einige Soldaten der russischen Schwarzmeerflotte gerade am Flughafen von Sewastopol rum. Nur so, versteht sich.

In der eher lokalen oder regionalen Ebene gibt’s dagegen aktuell gar keine großen Aufreger. Zumindest keine neuen. Aber da in meiner heißgeliebten Heimatstadt ja in diesem Jahr der Stadtrat neu gewählt wird3, wird sich da bestimmt einiges Material für zukünftige Erregung finden. Allein die Frage, wen man denn da in den Stadtrat wählen soll, ist schon Anlass genug, um graue Haare zu bekommen.

Ansonsten ist aber alles in bester Ordnung. Homophobie gibt es in Deutschland nicht mehr, Antisemitismus auch nicht, und bestimmt auch ganz bald keinen Neid, keinen Hunger und keine Dummheit mehr.


  1. Das hat der Obama nämlich verboten. Ts. Wie dumm. 

  2. Ja, bei Warhol waren’s noch 15. Aber das war auch vor Facebook, Buzzfeed und Twitter. 

  3. Am gleichen Tag finden auch Europawahlen statt. 

Liebe FDP-Bundestagsfraktion

Meint ihr nicht, dass die Prioritäten hier ein wenig…daneben sind?

Ganz davon abgesehen, dass eine Ausreise aus der Prager Botschaft mit Reisefreiheit ungefähr so viel zu tun hat wie eine V2 mit einer Saturn V (es gibt einen Zusammenhang…irgendwie), hat doch hauptsächlich die Bevölkerung der DDR den Weg zur Überwindung der deutschen Teilung geebnet.

FDP-Pressemitteilung

Mir ist schlecht

Dieser Post wurde ursprünglich am 12. Oktober 2006 unter rock.madcynic.com veröffentlicht, passt aber hier viel besser.

Eine Forschungsgruppe der Johns Hopkins University hat heute im britischen Journal The Lancet eine Studie veröffentlicht, die Opferzahlen im Irak auf 655.000 schätzt.
Das sind 655.000 Irakis, die laut der Studie nicht gestorben wären, hätte es keine Invasion gegeben. So was nennt die Studie „excess deaths“, der Terminus allein ist schon eklig genug – aber 655.000 Tote, das sind 655.000 Leben, 655.000 Väter, Mütter, Kinder, Brüder, Schwestern, die jetzt nicht mehr sind.

Im Vorfeld der Invasion war ich in Berlin, auf einer Antikriegsdemo. Eine beeindruckende Zahl von Menschen hatte sich eingefunden und bildete die längste Kundgebung aller Zeiten, vom Alexanderplatz bis zur Siegessäule.
Genützt hat es nichts. Die amerikanische Regierung zeigt sich unbeeindruckt, Bush hält die Zahlen aus der Studie für nicht glaubwürdig, und zeigt sich fasziniert davon, wieviel Gewalt die Irakis dulden.
Nun, vielleicht macht es arithmetisch einen Unterschied, ob es 655.000 oder 30.000 Tote Zivilisten seit der Invasion gab – aber einen moralischen macht es nicht, wie hier klar wird.