Die Sache mit der Redewendung

Am vergangenen Sonntag hat Sachsen-Anhalt einen neuen Landtag gewählt. Erst am vergangenen Mittwoch fiel mir eine Werbepostkarte eines der Kandidaten in die Hände, zu der ich – auch wenn die Wahl vorbei und der Kandidat in den Landtag eingezogen ist – noch eine Anmerkung (oder zwei) machen möchte. Das Bild der Karte gibt’s nach dem Sprung.

Sören Herbst im Trikot vor dem Landtag

"Mach et"

Erstmal eine künstlerisch recht gelungene Karte, die eindeutig mit dem Fußballmotiv spielt – links der Trainer mit den taktischen Anweisungen für den einzuwechselnden Spieler (hier Sören Herbst von den Grünen), rechts der nadelgestreifte vierte Offizielle mit der Auswechseltafel, die quasi das Jahr anzeigt. Zusammen mit der flutlichtartigen Beleuchtung der Szene ist das ein durchdachtes, ordentliches Motiv. Dazu oben drüber die Aufforderung „Mach et!“

Und da kommt jetzt meine Anmerkung. Da in Magdeburg (dort hat Herbst seinen Wahlkreis) eher nicht der rheinische Dialekt gesprochen wird und da die Karte ganz klar an Fußball angelehnt ist, kann mit diesem Satz nur auf jene Szene im DFB-Pokalhalbfinale 1991 anspielen, in der sich der Kölner Spieler Frank Ordenewitz von seinem Trainer die Erlaubnis abholte, einen Platzverweis provozieren zu dürfen. Hintergrund: Ordenewitz hatte just seine zweite gelbe Karte im Wettbewerb gesehen und wäre für das Finale gesperrt gewesen. Seinerzeit gab es aber noch keine gelb-rote Karte: Ein verwarnter Spieler erhielt glatt rot – und die gelbe Karte wurde gestrichen. Mit dem Platzverweis hätte sich Ordenewitz zwar eine Sperre eingehandelt, die er aber in der Liga hätte absitzen können. Im Pokalfinale, so seine Überlegung, wäre er wieder spielberechtigt.
Da die Autorität des Trainers aber noch etwas galt seinerzeit, besprach der Spieler den Plan mit Kölns Trainer Rutemöller, der sein Einverständnis mit eben den Worten „Mach et, Otze!“ gab. „Otze“ schlug den Ball fünf Minuten vor Schluss weg, wurde vom Platz gestellt und alles war super. Nur Rutemöller erzählte vor laufenden Kameras, was man sich da überlegt hatte, und der DFB – „not amused“ – sperrte Ordenewitz und erlegt Rutemöller eine Geldstrafe auf.1

Ob es wirklich so sinnvoll ist, mit dieser Aktion Landtagswahlkampf zu betreiben? Welchen sinistren Plan hat denn Herr Herbst mit seinem Trainer ausgeheckt?2 Aber zumindest ist hier ja keine Strafe des DFB zu erwarten. Ironisch ist nur, dass auf der Rückseite, dem informativen Teil der Karte, der Satz zu finden ist: „Unser Motto ist Fair Play“. Aber nun, auch Ordenewitz ist schließlich schon mal mit dem Fair Play Award der FIFA ausgezeichnet worden. 1988 war das, vor „Mach et…“

Es bleibt noch zu sagen, dass sich „Mach et“ auch auf der Rückseite der Karte findet, hier als Aufforderung an den Leser, wählen zu gehen (im Idealfall sicher die Bündnisgrünen). Aber da auch in den Texten der Rückseite die Fußballmetaphorik durchgehalten wird, ist die Verwendung der Redewendung nicht weniger problematisch. Wählen gehen ist schließlich nichts, das gegen den Sportsgeist verstößt, ganz im Gegensatz zu Ordenewitz‘ Aktion seinerzeit.

Es gilt also, wie überall, dass man nicht einfach so Redewendungen übernehmen sollte,nur weil sie zu passen scheinen. Ein wenig Recherche zu den Hintergründen sollte drin sein, zumal wenn es um Werbung geht.

Edit: Warum sagt mir eigentlich keiner, dass ich ’nen Tippfehler inner Überschrift habe? Mift.


  1. Siehe auch 11freunde.de 

  2. Nein, ich glaube nicht, dass er einen hat, keine Sorge. 

5 Antworten zu “Die Sache mit der Redewendung