Die erste Saisonhälfte

In wenigen Tagen beginnt der 1. FC Magdeburg mit der Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte in der Regionalliga Nordost. Da ich mich in letzter Zeit ja etwas ausgeschwiegen habe zu den Leistungen der Mannschaft und vor allem zu den „Leistungen“ des Trainers, nutze ich die Gelegenheit, einmal Bilanz zu ziehen und die ersten 6 Monate der Saison noch einmal Paroli laufen zu lassen, wie der Sportfreund Hrubesch zu sagen pflegt.

Die Tabellensituation

Der 1. FC Magdeburg liegt auf Platz 2 der Tabelle, hat aber schon ganze sieben Punkte Rückstand auf die etwas überraschend an der Spitze liegende TSG Neustrelitz. Ein Blick auf Heim- und Auswärtstabelle verdeutlicht hier auch die Problematik. Zuhause hat der Club immerhin nur drei Punkte abgegeben und 18 von 21 möglichen geholt. Dummerweise hat man aber ausgerechnet das Spiel gegen die TSG verloren… Das eigentliche Problem ist aber, dass in den neun Auswärtspartien nur 15 Punkte von 27 möglichen heraussprangen. Das begann schon mit den unerklärlich schwachen Auftritten bei den Niederlagen beim Berliner AK (schlimm) und bei der Reserve von Union Berlin (ganz schlimm) und setzte sich später mit ganz unnötigen Punktverlusten in Plauen (nur unentschieden nach 2-0-Führung) und einigermaßen unnötigen bei Viktoria Berlin (noch 2-2 nach 0-2-Rückstand) und bei Babelsberg (nur 2-2, nachdem man zwischenzeitlich die Partie gedreht hatte) fort. Diese sechs Punkte allein könnten in der Tabelle letztendlich den Unterschied zwischen Platz 1 und 2 ausmachen. Hoffnung kann man für die zweite Hälfte vor allem daraus ziehen, dass den 8 Heimspielen lediglich 6 Auswärtspartien gegenüberstehen. Die haben es aber mit Auftritten bei Carl Zeiss Jena und der TSG Neustrelitz durchaus in sich. Dazu kommen noch komplizierte Partien gegen Herthas Reserve, in Halberstadt und in Nordhausen. Insbesondere in Thüringen dürfte es nach der Tätlichkeit von Petersen gegen Nordhausens Trainer beim Hinspiel eine enorm hitzige Atmosphäre geben.

Die Spieler

Matthias Tischer, Tor, 28 Jahre

Spielt das, was er schon seit Jahren spielt. Also solide auf der Linie, ab und an Schwächen beim Herauslaufen und die üblichen Schwächen bei der Spieleröffnung. Die Schwächen sind aber vernachlässigbar, denn ob der Torhüter das Spiel schnell macht, spielt bei der Spielweise der Mannschaft eine eher untergeordnete Rolle. Leitete mindestens einen Treffer mustergültig mit langem Abwurf auf Fuchs ein, der sich dann gegen Babelsberg gut durchsetzte und im richtigen Moment auf Beck zum Ausgleich abspielte. Sicher nicht der beste Torhüter der Welt, aber definitiv einer der besseren der Liga und ebenso definitiv der beste Torhüter im Kader. (16/16 möglichen Spielen)

Nils Butzen, Rechter Verteidiger, 20

Nachdem er schon in der letzten Rückrunde kaum noch zum Einsatz kam, ist er hinter Neuzugang Hammann inzwischen vollständig abgemeldet und kam lediglich beim 6-0-Heimsieg gegen Zwickau zu einem Teileinsatz. Als einer der wenigen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs wünscht man ihm natürlich mehr Einsätze, aber so lange Hammann in Form ist, wird das wohl eher nichts werden. (1/16, 0 Tore, 0 Assists)

Nico Hammann, Rechter Verteidiger, 25

Kam vor der Saison vom Relegationsverlierer Hessen Kassel, auch weil ihm dort angedachte Sparmaßnahmen nicht zusagten.1 Beim Club etablierte er sich sofort als Stammspieler auf der rechten Verteidigerposition, wo er defensiv solide spielt und auch im Spiel nach vorn stark aufspielt. Dazu ist er noch der Standardelferschütze, was er in Liga und Landespokal bislang souverän erledigt. 6 Ligatore und auch 5 Assists machen den Verteidiger zum drittbesten Scorer der Mannschaft. Nach längerer Zeit ist mit seiner Verpflichtung mal wieder ein hervorragender Transfer gelungen. (16/16, 6 Tore, 5 Assists)

Christopher Handke, Innenverteidiger, 24

Kam aus Halberstadt, hat also schon unter Petersen gearbeitet. Das könnte auch ein Grund sein, warum Handke trotz durchaus schwacher bis durchwachsener Leistungen praktisch in allen Partien durchspielen konnte.2 Von den drei Innenverteidigern, die der Club bisher aufgeboten hat, scheint Handke mir der schwächste zu sein, bleibt hinter Schiller deutlich und hinter Nennhuber knapp zurück. Was mich allerdings am meisten an ihm stört, ist die Tatsache, dass er trotz eigener Fehler stetig damit befasst ist, dem Schiedsrichter, dem Gegner oder seinen Mitspielern irgendwelche Dinge mitzuteilen. Da ist mir der Sportfreund Nennhuber deutlich lieber, der zwar leistungsmäßig etwa auf Handkes Niveau ist, aber der wenigstens die Klappe hält auf dem Platz. Wenn Handke das abstellt, hat er sich in meinen Augen schon deutlich verbessert. (15/16, 0 Tore, 0 Assists))

René Lange, Linker Verteidiger, 25

Der nächste Neuzugang spielt auf der Position von Fanliebling Stephan Neumann. Da der sich allerdings so schwer verletzt hat, dass man fast Zweifel haben musste, ob er überhaupt noch einmal zurückkommen würde, wurde Lange auf links schnell zum Stammspieler und macht seine Sache da auch recht ordentlich. Hatte allerdings in Babelsberg starke Schwierigkeiten, sich gegen Süleyman Koc zu behaupten. Der ist allerdings auch ein überdurchschnittlicher Regionalligaspieler, wie auch sein Wechsel in der Winterpause zu Zweitligist Paderborn belegt. Gegenüber Hammann auf dem rechten Flügel fällt Lange etwas zurück, was die Offensive angeht, obwohl seine Freistöße ebenfalls gut getreten sind. Hier hat er in der zweiten Saisonhälfte sicherlich noch etwas zuzulegen. Hatte in Rathenow Pech, dass sein hohes Bein als Tätlichkeit gewertet und er mit Rot vom Platz geschickt wurde. (14/16, 0 Tore, 0 Assists)

Kevin Nennhuber, Innenverteidiger, 25

Innenverteidiger Nummer zwei macht eigentlich einen recht soliden Job, hat aber mitunter Schwierigkeiten bei der Spieleröffnung, was so manchen eigentlich geklärten Ball zum Bumerang werden lässt. Verstärkt wird das Problem immer dann, wenn er mit Handke zusammenspielen musste, der das eben auch nicht besser kann. Nennhuber hat zudem den Nachteil, dass seine Bewegungen mitunter etwas staksig wirken, so dass seine Abwehrarbeit von außen mitunter weniger souverän aussieht, als sie es eigentlich ist. (14/16, 0 Tore, 0 Assists)

Felix Schiller, Innenverteidiger, 24

Brauchte etwas, um beim Trainer wieder in die Startelf zu finden, spielte ab dem 5. Spieltag dann aber immer von Beginn an, wurde nur in Babelsberg verletzt ausgewechselt und fehlt folgerichtig in der nächsten Partie in Zwickau. Der solideste Innenverteidiger im Kader spielt seine Rolle im Normalfall unaufgeregt und souverän. Kann auch Spielzüge einleiten, was ihm aber systembedingt nur selten gelingt, da die Bälle im Mittelfeld zu gern quer gespielt werden. Provozierte in der Partie gegen Herthas Reserve den Bundesliga-erfahrenen Sandro Wagner zu einer Tätlichkeit. Das bleibt aber die einzige etwas unsaubere Aktion. (14/16, 1 Tor, 1 Assist)

Patrick Bärje, Rechtes Mittelfeld, 27

Achja, Herr Bärje. Spielte zu Beginn der Saison einige ordentliche Partien, auch wenn er nicht der effizienteste Spieler ist. Das spielt aber ohnehin keine Rolle, da er sich an seinem ohnehin von Knieproblemen geplagten Knie verletzte und nach allem was man hört seine Karriere beenden muss. Wirklich schade, da er einer der Spieler mit Potenzial für höhere Aufgaben im Kader handelte. (5/16, 1 Tor, 1 Assist)

Sven Torge Bremer, Defensives Mittelfeld, 19

Einer der U23-Spieler im Kader, ein Ligaeinsatz ohne Auffälligkeiten. Spielt meist in der Reserve, wo ihm immerhin schon 6 Treffer gelangen. (1/16, 0 Tore, 0 Assists)

Marco Kurth, Defensives Mittelfeld, 35

Wurde nach Äußerungen im Nachgang der DFB-Pokal-Niederlage vom Trainer suspendiert und sollte fortan nur noch in der Reserve zum Einsatz kommen. Über die Weisheit dieser Entscheidung möchte ich gar nicht noch einmal Worte verlieren. Kurth trainiert inzwischen übrigens die B-Jugend des Clubs und steht da auf einem Relegationsplatz zur Bundesliga. Da Kurth spielerisch eh nicht das Gelbe vom Ei war, ist er in diesem Bereich kein Verlust, wohl aber, was die Problematik Antreiber und Taktgeber angeht. (0/16)

Steffen Puttkammer, Defensives Mittelfeld, 25

Kam vor der Saison aus Wilhelmshaven, dem ewigen Abstiegskandidaten aus der Regionalliga Nord. War dort Kapitän und rückte nach Kurths Abgang zum Stammspieler im Mittelfeld auf. Macht seine Sache defensiv ordentlich, offensiv ist er dagegen nicht eben mit Talent gesegnet. Das wäre nicht schlimm, würde der Club auch zentrale kreative Mittelfeldspieler aufbieten. Macht er aber nicht, und insofern ist das schon ein Problem, dass von Puttkammer zu wenig Gefahr für des Gegners Tor ausgeht. Muss sich da steigern. (15/16, 1 Tor, 1 Assist)

Christopher Reinhard, Linkes Mittelfeld, 28 Jahre

Verglichen mit der letzten Saison hat Reinhard etwas abgebaut, kam aber in den letzten Saisonspielen wieder besser in Form, insbesondere nach seiner Rotsperre. Ist technisch nach wie vor einer der besten im Kader, will aber zu oft mit dem Kopf durch die Wand. Mal davon abgesehen, dass er lieber das schwierige Tor macht als das einfache, ist er einer der Spieler, bei denen das Zuschauen Spaß macht. (10/16, 3 Tore, 1 Assist)

Tino Schmunck, Rechtes Mittelfeld, 23

Der zweite Neuzugang von Rostocks Reserve (neben Lange) hat sich für viele überraschend regelmäßige Einsätze gesichert und immerhin 830 Minuten auf dem Platz gestanden. Dabei profitiert er sicher von Bärjes Verletzung und Viterittis anhaltender Formschwäche. Aber Schmunck kann eben auch links wie rechts eingesetzt werden, was hilfreich ist, wenn dem Trainer auf den Positionen immer mal wieder ein Spieler abhanden kommt, sei es durch Verletzungen oder durch Sperren. Eigene Torgefahr allerdings entwickelt Schmunck zu selten, auch, weil er zu selten in den Strafraum eindringt um selbst in Schussposition zu kommen. (16/16, 0 Tore, 4 Assists)

Morris Schröter, Rechtes Mittelfeld, 18

Debütierte noch mit 17 Jahren gegen Energie Cottbus, wirkt aber mitunter noch zu hektisch und überhastet, als dass er mit seiner hohen Grundschnelligkeit etwas anfangen könnte. Ist aber noch jung genug, um das Abstellen zu können. Spielt vornehmlich in der A-Jugend und hat daher oft schon am Herren-Spieltag eine Partie in den Knochen. Daher auch nur 179 Minuten in 6 Einsätzen. Trug sich mit dem 5-0 gegen Zwickau drei Minuten nach seiner Einwechslung in die Torschützenliste ein, wichtiger aber sein abgefälschter Schuss gegen Viktoria Berlin, den Teixeira in der Nachspielzeit zum 2-2 verwandelte. (6/16, 1 Tor, 1 Assist)

Marius Sowislo, Defensives Mittelfeld, 31

Bildet mit Fuchs quasi den Ältestenrat. Nach Kurths Suspendierung zum Kapitän aufgerückt. Eine etwas ungewöhnliche Wahl, ist doch Sowislo vor allem durch seine Zurückhaltung auf und neben dem Platz aufgefallen. Leistungsmäßig leidet seine Beurteilung stark darunter, dass er systembedingt auch viele offensive Aufgaben übernehmen muss, die er nicht ganz so gut erledigt wie seine defensiven. Dennoch hat sich Sowislo, der in der letzten Winterpause bei vielen noch als Streichkandidat galt, durchaus in der Mannschaft etabliert. Allerdings ist er genauso wenig wie sein Sechserpartner Puttkammer in der Lage, das Spieltempo zu kontrollieren, so dass es der Mannschaft schwer fällt, eine Partie über die gesamte Zeit zu dominieren. Das ist allerdings auch weniger das Problem des Spielers, sondern der Aufstellung. (15/16, 3 Tore, 0 Assists)

Telmo Teixeira-Rebelo, Offensives Mittelfeld, 25&

Ewiges Rätsel. In der vergangenen Winterpause mit viel Tam-Tam von Sportdirektor und Trainer als genialer Mittelfeldspieler geholt. Kommt über Einwechslungen und Landespokal nicht hinaus. Trainingskiebitze bescheinigen einwandfreie Trainingsleistungen. Der Verdacht, der Spieler passe nicht in das vom Trainer geheiligte Spielsystem mit zwei Sechsern, liegt nahe. Ändert sich nichts, wird der Spieler sich wohl einen neuen Verein suchen, wenn nicht schon in der Winterpause, dann doch zum Sommer. Stand ganze 117 Minuten auf dem Platz. (8/16, 1 Tor, 0 Assists)

Fabio Viteritti, Offensives Mittelfeld, 20

Wollte sich in dieser Saison vom Image des ewigen Talents lösen. Leistungsmäßig in den ersten Partien gar nicht auf der Höhe, wurde erst zum Ende des Jahres hin besser. Ist nach wie vor zu selten in der Lage den Ball zu behaupten und sich physisch durchzusetzen. Glänzt mitunter mit sehr guter Übersicht und großen Pässen. Aber viel zu unkonstant. (13 Spiele, 0 Tore, 3 Assists)

Christian Beck, Stürmer, 25

Torgarant, Instinktstürmer. Im Spiel mitunter sehr unauffällig, geht aber auch mit nach hinten, wenn er vorn gar keine Bälle bekommt. Problem ist, dass er dann mitunter auch mal vorne fehlt. An seiner Torquote gemessen trotzdem natürlich der beste Stürmer, den der Club seit Vujanović in seinen Reihen hatte. Nebenbei auch noch auf Platz 2 der Assist-Tabelle. Nicht auszudenken, wie der Club ohne Beck dastünde. (16/16, 12 Tore, 6 Assists)

Florian Beil, Stürmer, 24

Verletzte sich im Vorbereitungsspiel gegen Erfurt schwer und kam erst im September wieder zum Einsatz. Hat es aber schwer sich gegen Fuchs und Beck durchzusetzen und verbringt daher viel Zeit auf der Bank. Wird Zeit brauchen um in alte Form zu kommen. Kann sein Torkonto auch nicht mehr mit Elfern aufbessern, da das jetzt Hammann macht. Kam auf 145 Minuten. (6/16, 0 Tore, 0 Assists)

Lars Fuchs, Stürmer, 31

Sein Transfer wurde bereits Mitte der Rückrunde verkündet. Fanliebling Fuchs verbrachte jedoch die ersten Partien zunächst auf der Bank statt in der Startformation, weil angeblich nicht fit. Im ersten Startelfauftritt ein Tor geschossen, eins vorbereitet, seitdem Stammkraft. Ergänzt sich als spielender, wühlender Stürmer gut mit Beck, der eher den Stoßstürmer gibt. Konnte bislang gut an die Leistungen seines ersten Magdeburg-Aufenthalts anknüpfen. Bester Vorbereiter im Team. (16/16, 7 Tore, 7 Assists)

Matthias Steinborn, Stürmer, 24

Kam vom BFC Dynamo, hatte aber kaum seinen Kreuzbandriss auskuriert, als er sich einen Mittelfußbruch zuzog. Kam so zu nur zwei Einwechslungen und auf ganze acht Minuten. (2/16, 0 Tore, 0 Assists)

Nicht eingesetzt

Gar nicht gespielt haben die Verteidiger Friebertshäuser und Neumann. Dabei war Friebertshäuser immer genau dann wieder verletzt, wenn er sich ans Team rangearbeitet hatte und kam letztlich dann eben nicht zum Einsatz. Bei ihm kommt aber noch erschwerend hinzu, dass er mittlerweile nur noch Innenverteidiger Nummer 4 sein dürfte – und da nur selten zwei Innenverteidiger gleichzeitig ausfallen, sind seine Einsatzchancen auch in der zweiten Hälfte der Saison gering. Stephan Neumann hingegen hat sich einen heftigen Kreuzbandriss mit Meniskusschaden zugezogen und musste zwei Mal operiert werden. Mit seiner Rückkehr ist wohl erst nach Ostern zu rechnen.

Das Spielsystem

Es ist ja in der Spielerbewertung schon einige Male angeklungen, dass ich mit dem System, dass der Club spielt, nicht einverstanden bin. Meist wird in einen 4-4-2 agiert, bei der die Außenspieler etwas vorgezogen agieren sollen und es eine Doppelsechs gibt. Dabei gibt es mehrere Probleme. Zunächst ist das nicht grundsätzlich ein schlechtes System, erfordert allerdings eine bestimmte taktische Einstellung. So muss in diesem System quasi zwangsweise mit Pressing agiert werden, insbesondere müssen die Offensivspieler nach eigenem Ballverlust unbedingt sofort den Gegner beim Aufbauspiel stören. Sonst fällt es dem Gegner nämlich zu leicht, die Innenverteidigung zu umgehen, da die Außenverteidiger bei diesem Spielsystem grundsätzlich mit aufrücken müssen, und so bei einem Ballverlust der Offensivabteilung zunächst hinten fehlen. Eine weitere Notwendigkeit ist die klare Aufteilung der Sechser in einen eher defensiv und einen eher offensiv orientierten. Dadurch hat man auch eine gewisse Klarheit beim Spielaufbau.
Leider gibt es beim Club weder ein funktionierendes Pressing, noch eine klare Zuteilung bei den Sechsern. So steht der Club dann auch immer wieder vor Problemen, insbesondere bei solchen Gegnern, die sich durch eine gewisse Passivität auszeichnen und der an sich gut besetzten Cluboffensive keine oder nur wenige Räume lassen. Hier wäre eben ein kreativ beschlagenes Mittelfeld hilfreich. Stattdessen ist die Mannschaft darauf angewiesen, dass beispielsweise Fuchs (als Stürmer) oder Reinhard mal eine gute Idee haben oder sich bis ins Mittelfeld zurückfallen lassen. Hinzu kommt, dass man durch das mangelnde Pressing, das sich auch durch schlechtes Nachrücken zeigt, in der Offensive schnell mal in Unterzahl gerät und den Ball wieder verliert. Statt nun aber seinerseits die Räume eng zu machen und hoch zu stehen, zieht sich die gesamte Hintermannschaft bis an den Strafraum zurück, während die Mittelfeldreihe knappe zehn Meter davor Position bezieht. Beck und Fuchs hängen auf einmal in der Luft und hecheln sinnlos dem Ball hinterher, während der Gegner sich langsam in Schussposition bringt. Das erinnert mehr an Handball als an modernen Fußball. Das Bestehen auf dieses System als dem allein selig machenden dürfte auch eine Ursache für die schwache Auswärtsbilanz der ersten Saisonhälfte sein, denn da traf der Club hauptsächlich auf eher defensiv eingestellte Gegner.
Hier muss ich in der Rückrunde etwas ändern. In einigen Spielen zeigte die Mannschaft phasenweise (so zehn Minuten am Stück), dass sie durchaus in der Lage ist, ein Pressing aufzuziehen. Das war aber nie Teil eines Gesamtkonzeptes, sondern ergab sich erst auf dem Platz. Es muss aber eben Teil eines Gesamtkonzepts werden, um auch auf Dauer erfolgreich zu sein. Der Club will ja in dieser Saison nicht aufsteigen (oder vielleicht doch, je nachdem, welchen Zeitungszitaten man glauben möchte), aber auch in der nächsten Saison dürfte es einfacher sein, Spiele zu gewinnen, wenn man sie kontrolliert. Das geht aber auch nur, wenn man ein Pressing spielen kann und man einen Taktgeber im Mittelfeld hat, der die Mannschaft auch einmal zurückhalten, oder aber eben den Schalter auf Offensive und schnelle Angriffe umlegen kann. Dass auf der Bank beim Club ein Spieler sitzt, der genau das in einer stärker besetzten Regionalliga schon einmal gezeigt hat, macht das Ganze nur schlimmer.

Das Trainerteam

Der große Verlierer dieser Hinrunde ist für mich Andreas Petersen. Da wäre zum einen der Saisonstart, als er einen zwar nicht fitten, aber für die Mannschaft unheimlich wichtigen Lars Fuchs ohne Not auf der Bank gelassen hat, statt ihn solange spielen zu lassen, wie seine Kraft reicht. Und dann sind da die ganzen Nebenkriegsschauplätze: Die Suspendierung von Kurth, nach dessen sachlich richtiger Kritik, inklusive Widerspruch gegenüber seinem Vorgesetzten Mario Kallnik, der in einem Halbzeitgespräch noch Hoffnung äußerte, dass man sich da noch einmal zusammensetzen könnte. Dann ein Zeitungsinterview, in dem er vom Sportdirektor geäußerte Kritik pauschal zurückwies. Die Tatsache, dass der Trainer sich gegenüber einem anderen Übungsleiter eine Tätlichkeit leistete und zunächst völlig uneinsichtig wirkte, macht es dann auch nicht besser. Und dann ist da noch die Tatsache, dass die Mannschaft unter seinem Co-Trainer während Petersens Sperre genauso gute und teils bessere Leistungen zeigte als unter Petersen.
Der Sportdirektor hat festgestellt, man wolle bis zum April warten, bevor man über eine Vertragsverlängerung spricht. Ich habe den Eindruck, dass es die nur gibt, wenn der Club im April auf Platz 1 steht. Ich würde jedoch selbst dann nicht verlängern. Dazu war die Art und Weise, in der die Mannschaft ihre Partien unter Petersen bestreitet, einfach zu wenig überzeugend, so dass ich – selbst wenn der Club aufstiege – nicht mit Petersen weiter machen würde.
Sein Co-Trainer Danny König machte in seinen Partien da schon eine bessere Figur, wenngleich natürlich die taktische Einstellung und das System unverändert waren. Dafür gab es auf den Pressekonferenzen weniger Phrasen und weniger Gelabere, dafür mehr Spieleinschätzung.
Das soll mitnichten heißen, dass ich König für den besseren Trainer halte, dazu ist er in dieser Sperrenphase auch zu wenig selbst verantwortlich gewesen, nämlich nur für das Spiel selber, wohl nicht einmal für Aufstellung, Einstellung und Taktik, aber er macht auf mich einfach einen besseren Eindruck.

Die Fans

Tja, die Fans. Ein heikles Thema im Augenblick. Schließlich ist der Club in dieser Saison schon wieder zu zigtausend Euro Geldstrafen für das Fehlverhalten der Fans verurteilt worden. Die Strafen sind zum Teil noch nicht rechtskräftig und ich möchte hier auch gar nicht über Sinn und Unsinn der Haftbarmachung des Vereins für seine Fans debattieren.
Fakt ist aber, dass es neben der fantastischen Unterstützung, die den Club auf Platz 1 der Zuschauertabelle gebracht hat (5235 Zuschauer im Schnitt, 36645 insgesamt in den sieben Heimspielen), einzelne auch immer wieder schaffen, negativ aufzufallen. Ob das Böllerwürfe sind, wie gegen Lok Leipzig, ein Betreten des Platzes wie in Babelsberg oder das Werfen von Feuerzeugen bei einigen Heimspielen: Es zeigt, dass in Punkto Selbstreinigung und -kontrolle noch einiges getan werden muss. Aber hier kommen in der Rückrunde ja noch acht Partien,3 in denen man das schon einmal demonstrieren kann.


  1. Nachvollziehbare und gute Entscheidung: Kassel ist 13. in der Südweststaffel mit 15 Punkten Rückstand auf die Relegationsplätze. 

  2. Er fehlte lediglich gegen Lok Leipzig aufgrund einer Verletzung. 

  3. Wenngleich nicht gegen große Namen. 

2 Antworten zu “Die erste Saisonhälfte