Meinungen zu Editha

Gestern schrieb ich einen etwas längeren Bericht zum Thema „Entführung aus dem Serail Grab“. Heute nun haben sich die beiden Zeitungen des Landes Sachsen-Anhalt zu Wort gemeldet. Sowohl mit ausführlichen Berichten, als auch mit Kommentaren.
Nun gibt es ja grundsätzlich zwei Möglichkeiten, um so eine Situation zu kommentieren. Zunächst kann man das Kind beim Namen nennen und sich mit der Ursache befassen. Oder man beschäftigt sich mit der Gesamtsituation und fokussiert ironiesierend auf die Reaktion. Letzteres läuft dann meistens darauf hinaus, dass sich die verletzte Partei doch bitte nicht so aufregen möchte und im Sinne zukünftiger konstruktiver Zusammenarbeit eben zurücksteckt. Grundsätzlich ist diese Methode positionierungsfrei – man stellt sich auf keine Seite und befasst sich nicht so sehr mit der Ursache, mit dem was Scheiße gelaufen ist.

Die beiden großen Zeitungen im Land erscheinen nun in den beiden großen Städten, die sich ja, wie gestern erwähnt, nicht sonderlich gut verstehen. Nun kann die Stadt Halle als solches nichts für die Vorgänge um Edithas Gebeine, aber dennoch ist es interessant zu sehen, wie die beiden Zeitungen diese Aufgabe lösen.
Unter der Überschrift „Unnötiger Streit“ stellt die Mitteldeutsche Zeitung (Halle) zunächst fest, dass die beiden Städte kein Traumpaar seien, aber gesunde Konkurrenz nicht schädlich sei. Danach aber kritisiert der Kommentar deutlich das Vorgehen der Verantwortlichen des Landesamts für Archäologie, damit sei dem Landesarchäologen Harald Meller und seinem Amt das Aufwärmen alter Animositäten zwischen beiden Städten „sehr gut gelungen“. Die Kommentatorin äußert Verständnis für die in Magdeburg geäußerten Vorwürfe der Arroganz und Respektlosigkeit. Die MZ kommt letztlich zum Schluss, eine Präsentation in Magdeburg wäre die bessere Wahl gewesen, auch wenn „die Beteiligten wegen fehlender wissenschaftlicher Erkenntnisse mehr gemutmaßt, als gewusst“ hätten.
Hier hat man sich bei der Mitteldeutschen Zeitung also für Variante 1 der Kommentierung entschieden, die Nennung der Ursache eines Streits und Kritik daran.

Wie nun hat die Magdeburger Volksstimme die Aufgabe der Meinungsäußerung gelöst? Unter der Titelzeile „Männer“ findet sich ein leicht ironischer Kurzkommentar, der im wesentlichen auf eines fokussiert: Die Ursache des Streits seien verletzte Eitelkeiten. „Das Recht auf die erste Präsentation hätte eigentlich den Magdeburger Männern zugestanden“, schreibt der Kommentator, der „zufällig“ in Halle sitzende Landesarchäologe habe jedoch nicht widerstehen können und die Editha den Magdeburgern “ ausgespannt – nur für die ‚Erstpräsentation‘ bitteschön.“
Hier entsteht der Eindruck, bei der gesamten Angelegenheit gehe es tatsächlich nur um eine Provinzposse, so wie es das Landesamt auch tatsächlich darstellt. Es ist doch bemerkenswert, dass in derselben Zeitung, auf deren Leserbriefseite sich heute nur kritische Stimmen – selbst aus Halle – finden, ein Kommentar erscheint, der es nicht fertig bringt, eine Wertung abzugeben. Stattdessen werden beiden Parteien Eitelkeit und Aufmerksamkeitssucht unterstellt, wobei immer mitschwingt, dass die Magdeburger im Zweifelsfall nicht anders gehandelt hätten. Ein traurig Bild, das die Volksstimme hier abgibt – statt Mut zur Meinung Allgemeinkritik in alle Richtungen, nur nicht in Richtung Verursacher.

Aber kommen wir noch einmal zurück zum Kommentar der Mitteldeutschen Zeitung. Was stand da gleich: “ Womöglich hätten die Beteiligten wegen fehlender wissenschaftlicher Erkenntnisse mehr gemutmaßt, als gewusst.“ Die Magdeburger Volksstimme berichtet heute nämlich auch darüber, dass es in Halle beispielsweise nicht möglich ist, eine Altersanalyse der Knochen durchzuführen – dies gehe aber laut dem Direktor des Magdeburger Kulturhistorischen Museums, Puhle, beispielsweise in Kiel. Eine AMS-Eildatierung im dortigen Leibniz-Institut der Uni Kiel dauere vier bis fünf Wochen. Nur:

Bislang, so das Landesamt Halle auf Nachfrage, sei man an die Knochen aber „noch nicht herangekommen“. Materialproben zur Altersanalyse seien noch nicht weitergereicht worden Dies verwundert Puhle. Steht der Sarg doch seit zehn Wochen in der Werkstatt des Landesamtes.

Man darf also gespannt sein, was morgen in Halle präsentiert wird. Eine Identifizierung der Knochen jedenfalls wird nicht dazugehören – und Knochen werden auch nicht zu sehen sein, denn der Magdeburger Bischof Axel Noack (Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen)forderte in einem Telefongespräch den Chef des Landesamts auf, pietätvoll mit dem Fund umzugehen und eben keine Knochen zu zeigen, und erhielt eine entsprechende Zusicherung.

Update, 20:20 Uhr
Der OB Magdeburgs wird nun doch an der Präsentation teilnehmen. Wie MZ berichtet, habe sich der OB mit dem Leiter des Landesamts geeinigt, dass „ein zentrales Element aus dem Fund“ noch 2009 wieder im Dom zu sehen sein soll. Konkret soll es dabei um den Deckel des Bleisargs gehen. Meiner persönlichen Ansicht nach „too little, too late“ – an Herrn Trümpers Stelle hätte ich wohl nicht teilgenommen.

Nach wie vor ist mir unklar, was dort morgen präsentiert werden soll. Der Leiter des Landesamts, Harald Meller, sagte übrigens, man habe „Informationen […] nicht weit streuen wollen, da keiner gewusst habe, ob die Mutmaßungen um Editha gerechtfertigt seien.“ Nun ist es ja ein löbliches Ansinnen, erst dann Fakten zu verkünden, wenn man sie denn hat, aber inwiefern morgen Fakten zur Identität der Toten präsentiert werden sollen, ohne dass eine Altersanalyse stattgefunden hat, bleibt schleierhaft. Aber yours truly wird morgen auch nach Halle fahren und sich das ansehen.

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