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O tempora, o mores

Guido Westerwelle sagt, wer arbeitet, müsse mehr haben, als der von staatlicher Unterstützung Lebende, alles andere sei Sozialismus. Mal abgesehen davon, dass Westerwelles Beispiel nicht stimmt, muss man sich schon wundern. Ich hätte den Guido ja für intelligenter gehalten als die Solidarität-ist-gleich-Sozialismus-Nummer abzuziehen, aber so kann man sich irren. Widerspruch gibt’s genug, angefangen bei den üblichen Verdächtigen in SPD (achja, Hartz IV, wer hat’s erfunden?) und Gewerkschaften bis hin zur CSU. Ja, die CSU weist (zu Recht) darauf hin, dass „Solidarität […] nicht sozialistisch, sondern ein Grundwert unserer Wirtschaftsordnung [ist]“. Aber hey, so ein bisschen Verunglimpfen von Millionen Mitbürgern, die ja schließlich alle Hartz-IV-Freiwillige sind, hat ja noch nie geschadet. Ein Guido Westerwelle fällt nicht um1

Noch ein anderes Thema, auch beackert von den politischen Spitzen: Der Atomausstieg. Ich sehe den ja durchaus kritisch, aber das Argument für Kritik am neuen Bundesumweltminister, das heute gefallen ist… Also darauf wäre ich nicht gekommen. Der Bundesumweltminister hat doch tatsächlich der CDU nahegelegt, sie solle sich „gut überlegen, ob sie gerade die Kernenergie zu einem Alleinstellungsmerkmal machen will“. Was wie ein guter Rat klingt, ist natürlich eine Abkehr von der Koalitionsvereinbarung, in der ja drinsteht, man wolle die Laufzeitverlängerung von AKWs und diese AKWs in ein Energiekonzept einbetten.
Wie? Ist es nicht? Ja, das dachte ich auch. Bis die Umweltminister von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen heute erklärten: „Wir sind vor der Bundestagswahl für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke eingetreten, und das muss auch so bleiben.“
Einhalten von Wahlversprechen. Ganz neue Taktik.


  1. Ich musste bei dieser Formulierung ganz spontan an einen beliebten deutschen Fußballer denken. Der spricht allerdings gern von sich selbst in der dritten Person. 

Dopplungen

Anfang des aktuellen Jahrhunderts entschloss sich die Landesregierung des Landes Sachsen-Anhalt dazu, die Ausbildung für Gymnasiallehrer in Magdeburg zu beenden und alle Gymnasiallehrer zukünftig nur noch in Halle auszubilden. Im Gegenzug wurden einige Ingenieurstudiengänge in Halle geschlossen.

Begleitet wurden diese Maßnahmen von der Forderung, die entsprechenden Lehrkräfte mögen an die jeweils andere Universität im Land wechseln. Dies geschah aber nicht in allen Fällen. So gibt es an der Uni Halle auch noch zwei Professoren aus dem Bereich der Ingenieurwissenschaften, die nicht wie ihre Kollegen an andere Fakultäten oder Institute in Halle gewechselt sind, sondern sich im Gegenteil weigern, nach Magdeburg zu wechseln. Das berichtet die Mitteldeutsche Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe.
Aber das Land hat nun beschlossen, dass es sich doch lohnen könnte, zwei Standorte für die Ausbildung zu haben – für die Ingenieurausbildung natürlich. Man überlegt die Materialausbildung in Halle wieder aufzunehmen. Als Begründung wird der gestiegene Bedarf an Ingenieuren zitiert.

Dass die Lehrerausbildung in Sachsen-Anhalt auch nicht annähernd den Bedarf zu decken vermag, scheint allerdings nicht zu vergleichbaren Überlegungen zu führen, auch wenn die SPD-Landtagsfraktion zumindest ein Umdenken fordert. Aber so ist das, man fordert die Universität in Magdeburg mehrfach auf, sich ein scharfes Profil zu geben – und gestattet der Uni Halle, nein, schlägt es ihr sogar vor, eine Konkurrenz aufzubauen. Dass die Uni Halle den Vorstoß begrüßt, ist nicht überraschend. Man findet, dass die an den Hochschulen des Landes (insbesondere an der Hochschule Anhalt) ausgebildeten Bachelor ihren Master in Halle machen können. Stimmt. Das geht ja an einer Hochschule auch nicht. Eine schlechte Nachricht für die Studierenden in den 67 Master-Studiengängen an den Hochschulen des Landes.

Ich bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt, in einem Land, in dem zwischen den beiden Universitätsstandorten von der hauptsächlich aus dem Süden des Landes stammenden politischen Verwaltung keinerlei Unterschiede gemacht werden.

Lesefehler

Ich muss an meinem Selbstbild arbeiten. Wenn man bei der StudiVZ-Gruppe „Mathe ist ein Arschloch“ statt dem, was da steht, liest „Malte ist ein Arschloch“, dann kann da was nich stimmen…

Der Plural ist Kaffee

Was sagt es mir, wenn ich auf die im Gespräch irgendwelcher (gutaussehenden) Abiturientinnen neben mir in der Straba aufkommende Frage „Was ist eigentlich der Plural von Kaff?“ sofort denke: Kaffee?

Und darf man in meinem Alter Abiturientinnen noch für gutaussehend halten?

Spart Strom!

…denn bald gibts keinen mehr. Zumindet, wenn man die gegewnwärtigen politischen Ansätze der Grünen mal zu Ende denkt. Atomausstieg, klar, beschlossen. Super. Blöd nur, dass AKW in Deutschland die Grundlast sichern. Das ist die Menge an verfügbarem Strom, die immer vorgehalten werden muss. Als Stromversorger schätzt man das vorher ab und sichert das dann mit langsam reagierenden, aber leistungsfähigen Kraftwerken wie eben AKW ab. Nun wird die BRD ja langsam aber sicher AKW-freie Zone werden und da stellt sich die Frage: Womit soll jetzt die Grundlast gesichert werden. Natürlich braucht es dazu auch leistungsfähige Kraftwerke. Aber sehen wir uns die ökologischen Alternativen an: Solarenergie. Immer sehr schön, relativ ineffizient, wenn man die zur Erzeugung von Photovoltaikelementen benötigte Energie hinzurechnet. Wird natürlich effizienter, wenn durch die globale Erwärmung die Sonnenscheindauer steigt, aber ich schweife ab. Leistungsfähigkeit über längere Zeiträume nicht gegeben, erfordert also zur Sicherung der Grundlast jede Menge Speicher…
Windkraft. Auch super. Aber unter Naturschutzgründen…also die Dinger verschandeln ja schon ganz schön die Landschaft, nicht wahr? Davon ab auch nicht zum Dauerbetrieb geeignet, braucht wieder ne Menge Energiespeicher und außerdem ist die Leistungsfähigkeit auch noch nicht sooo weit.
Wasserkraft. Hohe Leistungsdichte, auch zuverlässig vorhanden. Aber so’n Stausee, nee, dieser Eingriff in die Natur. Das ist ganz böse. Und Erdbeben lösen die Dinger neuerdings auch aus! Geht also och nich, schätz ich mal.

Was nu? Ah, Kohlekraft. Aber halt! Die Kohlekraftwerke sind doch diese bösen, bösen Dreckschleudern. Die erzeugen ganz viel CO2 und Rußpartikel. Nee, da sind wir dann besser auch dagegen. Wie, da gibts Unterschiede zwischen Stein- und Braunkohle? Egal. Dagegen! Wer braucht schon Strom.
In der Konsequenz wird jetzt schon das Leben ohne Strom geübt. Kühlschränke und ihr Inhalt müssen sich dem aber noch anpassen. Taut das Ding doch einfach ab, obwohl’s nur eine Nacht ohne Strom war. Also nee…

P.S. Bevor jetzt irgendwer auf die Idee kommt, mich zu belehren, dass bis zum endgültigen Atomausstieg die von mir als untauglich beschriebenen Technologien sinnvoll einsetzbar sind: Ja, Fortschritte sind unvermeidlich. Das papierlose Büro haben wir schließlich auch schon seit 20 Jahren (und das wird erst ein Spaß ohne Strom).
Aber dennoch bleibt das Hauptproblem bestehen, dass hier Dinge gefordert werden, ohne über Alternativen nachzudenken oder diese Alternativen werden auch abgelehnt.